im osten was neues? - Instytut Spraw Publicznych

Transkrypt

im osten was neues? - Instytut Spraw Publicznych
Die Deutschen verbinden Polen hauptsächlich mit Erfahrungen
aus dem Alltagsleben – mit guten polnischen Arbeitern, schönen
Landschaften, aber auch mit... Diebstählen. Die deutsche Gesellschaft
nimmt den guten Zustand der polnischen Wirtschaft sowie die
wahr, dennoch erhält die Funktionsweise des polnischen Staates in
vielen Bereichen noch immer keine befriedigende Bewertung. Häufiger
als in den Jahren zuvor halten die Deutschen Polen für freundlich, aktiv
oder modern. Anders ist die Sicht auf Russland. Die Meinung über
die Russen ist negativer als die über die Polen.
Die in der Publikation vorgestellte deutsche Sicht auf Polen und
Russland wurde im Frühjahr 2013 durch das Institut für Öffentliche
Angelegenheiten und die Bertelsmann Stiftung untersucht. Die Autoren
des Berichtes analysieren die Veränderungen, welche im Laufe
der letzten Jahre in der Wahrnehmung der Deutschen von Polen und
seiner Gesellschaft stattgefunden haben und vergleichen die Meinungen
der Deutschen zu Polen und Russland.
DAS INSTITUT FÜR ÖFFENTLICHE ANGELEGENHEITEN ist einer der führenden Think
Tanks in Polen und seit 1995 als unabhängiges Zentrum für Forschungen
und Analysen tätig. Durch vielfältige Untersuchungen, Gutachten und
Empfehlungen zu grundlegenden Fragen des öffentlichen Lebens steht
das ISP im Dienst von Staat, Gesellschaft und Bürger.
Das ISP kooperiert dabei eng mit zahlreichen Experten und Forschern
wissenschaftlicher Einrichtungen aus dem In- und Ausland.
Die Ergebnisse der Forschungsprojekte werden auf Konferenzen
und Seminaren vorgestellt, aber auch in Form von einschlägigen
Buchpublikationen, Berichten und Policy Papers unter polnischen
und ausländischen Parlamentariern, Regierungsmitgliedern
und Angehörigen der Staats-, Kommunal- und EU-Verwaltung,
in akademischen Kreisen sowie unter Journalisten und Repräsentanten
von NGOs verbreitet.
DIE BERTELSMANN STIFTUNG engagiert sich in der Tradition ihres Gründers
Reinhard Mohn (gest. 2009) für das Gemeinwohl. Die Werte Freiheit,
Solidarität, Menschlichkeit und der Glaube an den Wettbewerb bilden
das Fundament der Stiftungsarbeit. Die Bertelsmann Stiftung ist
unabhängig und parteipolitisch neutral. Eines der wichtigsten Ziele der
Stiftung ist die Förderung der internationalen Verständigung und der
Beitrag zur Gesellschaftsreform durch den ständigen Dialog mit allen
gesellschaftlichen Stakeholdern. Partner der Bertelsmann Stiftung
sind beispielsweise Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft, öffentliche und wissenschaftliche Institutionen oder
andere Stiftungen.
IM OSTEN WAS NEUES?
wachsenden deutschen Investitionen auf der anderen Seite der Oder
IM OSTEN WAS NEUES?
DAS BILD POLENS UND RUSSLANDS IN DEUTSCHLAND
JACEK KUCHARCZYK
AGNIESZKA ŁADA
CORNELIUS OCHMANN
ŁUKASZ WENERSKI
IM OSTEN WAS NEUES?
DAS BILD POLENS UND RUSSLANDS IN DEUTSCHLAND
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Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
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IM OSTEN WAS NEUES?
DAS BILD POLENS UND RUSSLANDS IN DEUTSCHLAND
JACEK KUCHARCZYK
AGNIESZKA ŁADA
CORNELIUS OCHMANN
ŁUKASZ WENERSKI
Warszawa, 2013
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INSTITUT FÜR ÖFFENTLICHE ANGELEGENHEITEN
EUROPAPROGRAMM
Die Publikation entstand in Kooperation mit dem Programm „Zukunft
Europas“ der Bertelsmann Stiftung im Rahmen des Projektes: „Vereinigte
Staaten von Europa“.
Wissenschaftlicher Gutachter: Grzegorz Gromadzki
Statistische Analyse: Yuryi Taran
Übersetzung ins Deutsche: Anna Schlögel
Sprachliche Redaktion: Thomas Behrens
Umschlaggestaltung: Pracownia Grafiki
© Copyright by Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau 2013
Vollständige und/oder auszugsweise Nachdrucke von Materialien des
Institutes für Öffentliche Angelegenheiten sind nur mit Einwilligung des
Institutes gestattet. Das Zitieren von Textstellen sowie die Verwendung von
empirischen Daten ist unter Angabe der jeweiligen Quellen erlaubt.
ISBN: 978-83-7689-166-8
Herausgeber:
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Satz und Drucklegung:
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Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert.
Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser;
die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen
Angaben.
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INHALTSVERZEICHNIS
Schlussfolgerungen
7
Einführung
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Die deutsch-polnischen und deutsch-russischen Beziehungen
Der Einfluss von Geschichte und Tradition
Zwischenmenschliche Kontakte
Grenzkriminalität
Wirtschaftskontakte
17
17
19
21
23
Das Wissen über Polen und Russland
Das Reiseverhalten der Deutschen nach Polen und Russland
Wissensquellen über Polen und Russland
25
25
27
Das Bild Polens und Russlands
Assoziationen mit Polen und Russland
Die Beurteilung der politischen Situation in Polen und Russland
31
31
41
Die Bewertung der polnischen und russischen Wirtschaft
Die Beurteilung der Investitionen
Die Bewertung der Warenqualität
49
49
52
Die Beziehung zu Polen und Russen
55
Gegenseitige Beziehungen
71
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Deutschland und Polen – schön, aber ruhen wir uns nicht auf
den Lorbeeren aus
Deutschland und Russland – ein langer Weg
83
83
92
Zu den Autoren
97
Publikationen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten zum Thema
deutsch-polnisch-russische Beziehungen sowie die gegenseitige
Wahrnehmung in den letzten Jahren auf Deutsch und Englisch
99
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Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
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SCHLUSSFOLGERUNGEN
Das Bild Polens in Deutschland ist positiv besetzt, aber nicht einheitlich.
Zum Positiven hin verändert hat sich die Wahrnehmung polnischer
Charaktereigenschaften sowie der deutsche-polnischen Beziehungen
im Allgemeinen. Hingegen fast unverändert zeigen sich seit Jahren
die Einstellungen der Deutschen zur Funktionstüchtigkeit des
polnischen Staates. Und auch die Akzeptanz der Polen in bestimmten
gesellschaftlichen Rollen ist seit 2008 gesunken.
Entschieden negativ in der deutschen Gesellschaft ist hingegen die
Perzeption Russlands. Entsprechend werden Russen von deutscher
Seite aus negativer wahrgenommen als Polen.
Ein Viertel aller Bundesbürger (24%) hat Polen seit der Wende 1989
besucht. Am häufigsten fahren dabei Einwohner aus den östlichen
Bundesländern ins Nachbarland jenseits der Oder.
Die Deutschen beziehen ihr Wissen über Polen und Russland
überwiegend aus dem Fernsehen und aus der Presse.
Polen und seine Bevölkerung assoziieren deutsche Bürger
hauptsächlich mit Situationen aus dem Alltag, darunter mit dem Bereich
„Arbeit“ (40% aller Assoziationen). Diese Tendenz bestätigt sich seit
Jahren. Viele Assoziationen beziehen sich auf das Thema „Kriminalität“
(14,5%). Deutsche betonen aber insbesondere auch die Professionalität
polnischer Arbeiter (gute Arbeiter/gute Handwerker), wie auch die
Tatsache, dass Arbeitsleistungen durch Beschäftigte aus Polen billiger
sind. Eine steigende Anzahl der Befragten zielen darüber hinaus
bezüglich erster Assoziationen auf die Landschaft, sowie verschiedene
Regionen und Städte in Polen ab. Historische Assoziationen mit Polen
hingegen spielen für Deutsche lediglich eine untergeordnete Rolle.
Nach Assoziationen zu Russland befragt, zielen die Deutschen
hauptsächlich auf Probleme und Unzulänglichkeiten der Demokratie
im Land sowie auf den Alkoholkonsum.
In der Bewertung des polnischen Staates lassen sich in der deutschen
Gesellschaft seit einigen Jahren keine bedeutenden Veränderungen
feststellen. Ähnlich wie in früheren Jahren glaubt die Hälfte der Befragten,
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Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
dass in Polen Korruption herrscht (50%), und fast ein Drittel ist der Meinung,
dass die Bürokratie die Erledigung der simpelsten Angelegenheiten
in Polen erschwert (29%). Gleichzeitig behaupten heute mehr Deutsche
als in früheren Jahren, dass sich die polnische Wirtschaft gut entwickelt
(40%) und dort eine gute Arbeitsorganisation herrscht (15%).
Russland schneidet demgegenüber weitaus schlechter ab als Polen.
82% der Befragten zufolge herrscht in Russland Korruption, und fast
zwei Drittel (62%) sind der Meinung, dass die russische Bürokratie
die Erledigung simpelster Angelegenheiten erschwert. Lediglich
knapp 9% der Befragten vertreten die Ansicht, dass in Russland ein
demokratisches System ähnlich dem westeuropäischer Staaten
existiert, sowie, dass dort eine gute Arbeitsorganisation herrscht. Noch
kleiner (jeweils nur 5%) ist die Anzahl derjenigen, die glauben, dass in
Russland die Bürgerrechte respektiert werden, und dass die Medien
offen die Regierung kritisieren dürfen.
Positiv bewerten die Deutschen Polen als Investitionsstandort. Auch
in Russland zu investieren, schätzen die Deutschen als profitabel ein;
dennoch fällt die Bewertung im Vergleich zu Polen schlechter aus.
Die Information, dass eine Ware aus Polen oder Russland stammt, wird
neutral aufgenommen. Sie stellt keinen besonderen Anreiz zum Kauf
dar, hält Deutsche aber auch nicht davon ab.
Vor die Aufgabe gestellt, aus sieben unterschiedlichen
Bevölkerungsgruppen zu wählen, deren Beliebtheit mittels Umfrage
ermittelt werden soll, bekunden Deutsche, am meisten Sympathie für
Holländer (55%) und Franzosen (50%) zu haben. In der weiteren Reihe
der Beliebtheitsskala folgen Amerikaner (43%) und Briten (37%). Den
Polen bringt etwa ein Viertel der Deutschen Sympathie entgegen, womit
diese auf dem sechsten Platz, dem vorletzten vor den Russen (15%), aber
noch hinter den Griechen (34%) rangieren. Über die vergangenen Jahre
betrachtet lässt sich dabei feststellen, dass die Sympathiewerte der
Deutschen gegenüber den Polen nur unbedeutend schwanken; meist
bewegen sie sich (auf einer Skala von 1 (= Sympathie) bis 5 (= Abneigung)
verortet) um mittlere Werte zwischen 2,9 (in den Jahren 2000 und 2008)
und 3,2 (im Jahr 2006) – der aktuelle Wert beträgt 3,0.
Die Akzeptanz gegenüber den Polen in allen untersuchten
gesellschaftlichen Rollen übersteigt deren Ablehnung bei Weitem.
Allgemein betrachtet bekunden 61% der Deutschen, keinerlei
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Schlussfolgerungen
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Vorbehalte gegenüber Polen in unterschiedlichen gesellschaftlichen
Rollen zu haben. Am liebsten sehen die Deutschen Polen als Mitarbeiter
(79%), Nachbarn (77%) oder als Einwohner in Deutschland (74%). Unter
den Befragten haben 62% der Deutschen keine Einwände dagegen,
dass Polen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können.
Geringere Akzeptanz lässt sich feststellen im Zusammenhang mit
gesellschaftlichen Rollen, die mit mehr Nähe verbunden sind, wie etwa
Freund/Freundin (57%) oder Schwiegersohn/Schwiegertochter (49%),
sowie im Kontext von Unterordnung – beispielsweise ein Pole/eine
Polin als Chef (53%). Allerdings ist während der letzten Jahre der Anteil
der positiven Antworten auf die Frage nach der Akzeptanz von Polen in
gesellschaftlichen Rollen in vielen Fällen gesunken. Diese Veränderung
ist allerdings nicht mit einem verhältnismäßig starken Anstieg negativer
Antworten verbunden, sondern geht einher mit der nun vergleichsweise
öfter gegebenen Antwort: „Schwer zu sagen“.
In derselben Reihenfolge, wie mit Blick auf die Polen aufgeführt,
gelten auch Russen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Rollen
in Deutschland als akzeptiert. Allerdings liegen die Werte hierbei
durchgehend um etwa 14% bis 17% deutlich niedriger.
Bei der Frage nach der Zuschreibung von Charaktereigenschaften zeigt
sich, dass die Deutschen die entschieden beste Meinung von sich selbst
haben. Polen und Russen werden in den meisten Fällen um einiges
schlechter wahrgenommen. Nach Meinung der Deutschen haben Polen
und Russen ähnliche Charaktereigenschaften, wobei sie sich häufig
erheblich von den Deutschen unterscheiden. Die Polen schneiden
allerdings meist besser ab als die Russen. Die Wahrnehmung der
Charaktereigenschaften der Polen hat sich seit 2006 sehr zum Positiven
hin verbessert.
Im Vergleich einer internationalen Gruppe von zehn Staaten, die von
den Deutschen unter dem Gesichtspunkt der Zusammenarbeit bewertet
werden sollten, schneiden Frankreich und Holland am besten ab: in
beiden Fällen sind drei Viertel der Deutschen überzeugt, dass ihr Land
eng mit diesem Staat zusammenarbeiten sollte. Es folgen weitere
westliche Länder: Die Vereinigten Staaten (69%), Großbritannien
(58%) und Japan (55%). Polen befindet sich im mittleren Bereich dieser
Rangliste – von der Notwendigkeit einer engen Kooperation mit Polen
ist die Hälfte der Befragten überzeugt (48%). Polen lässt damit einen
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10 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
anderen östlichen Nachbarn Deutschlands, Tschechien (43%), hinter
sich, und danach folgt China (39%). Eine enge Zusammenarbeit mit
Russland hingegen wünscht sich nur ein Drittel der Befragten (34%).
Die Deutschen bewerten die deutsch-polnischen Beziehungen als sehr
gut. Zum ersten Mal seit Jahren beläuft sich der Anteil der positiven
Antworten hierzu auf 70% und reicht somit an die Werte auf polnischer
Seite heran.
Im Gegensatz dazu werden die deutsch-russischen Beziehungen von
den Deutschen heterogen bewertet. Beinahe die Hälfte der Befragten
ist der Ansicht, die Beziehungen zu Russland seien gut (47%). Eine
ähnliche hohe Anzahl von Befragten (42%) betrachtet den Zustand
dieser bilateralen Beziehungen hingegen als schlecht.
Nach Meinung von 59% der deutschen Befragten sollte Deutschland
in den Beziehungen zu Polen auf Kooperation und das Erreichen von
Kompromissen setzen. Gegenteiliger Meinung ist lediglich ein Drittel
der Befragten (32%). Anders sollte nach Meinung der Deutschen die
Politik gegenüber Russland aussehen. Diesbezüglich liegt der Anteil
derer, die meinen, Deutschland solle eher Kooperation und das
Erreichen von Kompromissen in den Vordergrund stellen (48%), kaum
fünf Prozentpunkte höher als die Zahl derer, die meinen, Deutschland
solle vor allem auf die Wahrung eigener Interessen achten.
Die größte Gruppe der Deutschen ist der Meinung, dass Polen keinen
Einfluss auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland hat (39%).
Daneben vertreten allerdings fast ein Viertel der Befragten (24%) die
Ansicht, dass Polen zum Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen
zwischen Brüssel und Moskau beiträgt. Wiederum 15% der Befragten
sind gegenteiliger Meinung; dieser Anteil ist jedoch seit 2008 gesunken
(damals 26%).
Mehr als die Hälfte der Befragen (52%) glaubt, dass Deutschland und
Polen, was Russland anbelangt, gemeinsame Interessen verfolgen.
Diejenigen Personen, die zumindest einmal in Polen waren oder
ihr Wissen von Polen beziehen, die in Deutschland leben, bewerten
das Land und seine Bevölkerung besser. Bezüglich der persönlichen
Einstellung zu Russland ist diese Tendenz ebenfalls festzustellen, jedoch
nicht in Bezug auf sämtliche erhobene Aspekte.
Im Allgemeinen bewerten Deutsche aus den östlichen Bundesländern
Polen und seine Menschen als positiver bzw. sympathischer.
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EINFÜHRUNG
Polen und Russland – zwei Länder, die östlich von Deutschland liegen
– sind in der deutschen Gesellschaft vergleichsweise wenig bekannt.
Beinahe ein Vierteljahrhundert nach dem Zerfall des kommunistischen
Systems werden in den Medien nach wie vor Ausdrücke wie „ehemaliger
Ostblock“ oder „Osteuropa“ zur Beschreibung der Länder östlich der
Oder benutzt. Vom politischen Standpunkt aus gesehen, trennten sich
die Wege Polens und Russlands jedoch schon vor mehr als 25 Jahren,
und beide Länder unterhalten völlig unterschiedliche Beziehungen mit
Deutschland, was sich unter anderem aus der Mitgliedschaft Polens in der
Europäischen Union ergibt. Daher erweisen sich die Bilder von Polen und
Russland im wiedervereinten Deutschland als sehr unterschiedlich. Dies
wird allerdings nicht immer bewusst wahrgenommen.
Die deutsch-polnischen Beziehungen haben sich während der
letzten Jahre auf unterschiedlichsten Ebenen intensiv entwickelt.
Eng sind die Beziehungen beider Staaten auf internationaler Bühne.
In der Europäischen Union stehen Berlin und Warschau, was die
Entscheidungsfindung anbelangt, häufig auf derselben Seite. Polens
Rolle in der Europäischen Union wächst, obwohl es noch nicht
Mitglied der Eurozone ist; seine (im Vergleich zu einem Teil der EUMitgliedstaaten) stabile wirtschaftliche Lage fällt positiv auf, und
die EU-Ratspräsidentschaft Polens im Jahre 2011 erntete positive
Kommentare. Langjährige Ängste vor einem Ansturm polnischer Arbeiter
nach Deutschland haben sich nicht bewahrheitet – sie gelten heute,
nicht nur in der Landwirtschaft oder im Niedriglohnsektor, als gefragte
Arbeitskräfte. Hinzu kommt der positive Eindruck, den Polen als Ausrichter
der Fußball-Europameisterschaft 2012 hinterlassen hat. All dies hat zur
Folge, dass die deutschen Eliten sich in wachsendem Maße positiv über
Polen äußern.
Die berühmte Rede von der „polnischen Wirtschaft” gilt deutschen
Wirtschaftseliten schon seit längerer Zeit nicht mehr als Synonym für
Durcheinander, höchste Unwirtschaftlichkeit, das Fehlen jeglicher
Planung und „Schmutz“, sondern steht heute inzwischen sinnbildlich
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12 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
für Wirtschaftsaufschwung und zielführende Reformen. Ganz in diesem
Sinne verweisen deutschen Medien immer häufiger auf Wirtschaftsdaten,
die die gute Entwicklung des östlichen Nachbarn belegen. In Umfragen
bezeichnen deutsche Unternehmer den polnischen Markt als sehr
attraktiv für Investitionen. Und nach Jahren der Annäherung, in denen die
deutsch-polnischen Verbindungen stetig an Bedeutung gewannen, hatten
auch die Bundesbürger vielerlei Möglichkeiten, negative Einstellungen,
die nicht nur Jahrzehnte, sondern oft Jahrhunderte lang in Deutschland
zirkulierten, gegenüber dem Nachbarn im Osten persönlich zu prüfen.
Daher scheint alles auf bestem Wege, dass nicht nur Experten und
Unternehmer, sondern auch die breite deutsche Öffentlichkeit positiver
auf den Nachbarn jenseits der Oder blicken.
Wie sich zeigt, läuft dieser Prozess jedoch keineswegs völlig
automatisch ab. Tatsächlich ist die Wahrnehmung Polens, die sich aus den
vorliegenden Umfrageergebnissen ablesen lässt, derzeit eher positiv, doch
innerhalb der deutschen Gesellschaft hat sie sich in den vergangenen
Jahren nicht so stark verbessert, wie dies vergleichsweise in den Reihen
der deutschen politischen und wirtschaftlichen Eliten zu verzeichnen
ist. Auffällig ist noch immer das große Unwissen der Deutschen über
Polen. Dies bildet gewöhnlich auch den Nährboden für Stereotype und
die unreflektierte, schematische Wiederholung von Ansichten, die sich,
vor allem negativ konnotiert, in vergangenen Jahrzehnten entwickelt
und festgesetzt haben. Bemerkenswert ist auch die durchweg positivere
Bewertung westlicher Länder und deren Bevölkerungen – so bleibt Polen
auf der Beliebtheitsskala und bei der Beurteilung der angemessenen
Zusammenarbeit beispielsweise weit hinter Ländern wie Holland oder
Frankreich zurück.
Das Russlandbild der Deutschen hingegen stellt sich vergleichsweise
anders dar. Von der Rückkehr Wladimir Putins in den Kreml zeigen
sich die Deutschen überwiegend enttäuscht. Die Hoffnungen, die mit
Dmitri Medwedew als Russlands Präsident verbunden waren, sind
unerfüllt geblieben. Seine Modernisierungsrhetorik nahm zunächst die
deutschen Eliten, so auch Angela Merkel, für ihn ein. Man hoffte auf
eine Vertiefung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen.
Diese Hoffnungen blieben unerfüllt. Trotz der positiven Entwicklung
der Handelsbeziehungen und des wachsenden deutschen Exports
nach Russland nimmt die kritische Haltung der Eliten und des Großteils
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Einführung 13
der deutschen Gesellschaft nunmehr erneut gegenüber Russland zu.
Eine Resolution des Deutschen Bundestags 1 von November 2012, in
der die deutschen Abgeordneten die Einschränkung der Bürgerrechte
scharf kritisierten, sowie der kühle Empfang von Präsident Wladimir
Putin durch die Bundeskanzlerin auf der Messe in Hannover im April
2013 spiegeln die Veränderungen wider, die sich in den Beziehungen
der deutschen Eliten gegenüber Russland vollziehen. Die vorliegend
präsentierte Meinungsumfrage unter Deutschen zeigt, dass die Haltung
des Durchschnittbürgers zu Russland sehr kritisch ist, derweil sich auch
das Bild der russischen Gesellschaft in Deutschland kaum besser darstellt.
Polen, gerade auch als größter Importeur deutscher Güter
östlich der Oder (und als solcher seit Jahren in der Rangliste vor der
Russischen Föderation liegend), schneidet in den Augen des deutschen
Durchschnittsbürgers entschieden besser ab als Russland. Die
Untersuchung zeigt deutlich, dass die freundschaftliche Gesinnung
der deutschen Bevölkerung gegenüber Russland ein Mythos ist. Die
Bewertungen Russlands fallen streng aus und das Bild von der russischen
Gesellschaft im Vergleich zur polnischen ist weitaus negativer. In diesem
Fall stimmen die kritischen Ansichten der Bürger mit dem Ton überein,
welcher seit Monaten in den deutschen Medien vorherrschend ist; diese
bewerten Putins Russland ebenso kritisch wie die polnischen Medien, und
sie benennen deutlich die Defizite der gelenkten russischen Demokratie.
Gleichzeitig werden die deutsch-polnischen Beziehungen nach
Meinung der Bundesbürger als sehr gut eingeschätzt. Auch wenn
Polen nicht als Hauptpartner angesehen wird, mit dem Deutschland
zusammenarbeiten soll, halten die Befragten eine Interessengemeinschaft
mit Blick auf die Kooperation mit Russland für bedeutsam. Gleichzeitig
werden die Beziehungen mit Russland schlechter bewertet, vor allem
im Vergleich zur „Gorbimanie“ der 1990er Jahre oder zur Russophilie des
ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder.
Der vorliegende Bericht liefert einen Vergleich zwischen dem
Polen- und Russland-Bild der Deutschen. Bisher wurden viele Umfragen
durchgeführt, die sich nur auf eines dieser beiden Länder und dessen
Bevölkerung bezogen. Das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (ISP)
1 Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP: Durch Zusammenarbeit Zivilgesellschaft und
Rechtsstaatlichkeit in Russland stärken, Drucksache 17/11327, 06.11.2012, siehe online unter:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/113/1711327.pdf (Zugriff aufgerufen am 20.03.2013).
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14 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
hat diese Art der quantitativen Interviews in den Jahren 20002, 20063 und
20084 durchgeführt. Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchung
wurden mehrere Fragen in gleichem Wortlaut wiederholt, um die
Dynamik der Wahrnehmung Polens durch die Deutschen nachzeichnen
zu können. Die Sicht der Deutschen auf Russland wurde dagegen vom
Deutsch-Russischen Forum untersucht.5 In den Fällen, in denen die Fragen
ähnlich waren, wurden sie in der Publikation berücksichtigt, auch wenn
ihre vollständige Vergleichbarkeit nicht möglich ist.
Diese Untersuchung stellt gleichzeitig eine Fortführung der
durch das Institut für Öffentliche Angelegenheiten vorgenommenen
Untersuchungen zur Sicht anderer Länder auf Polen und seine
Gesellschaft respektive zur Sicht der Polen auf andere Länder und
Gesellschaften dar. 6 Sie ist ebenfalls eine direkte Fortführung der
deutsch-polnisch-russischen Studien, die im Jahre 2011 vom Institut für
Öffentliche Angelegenheiten und von der Stiftung für deutsch-polnische
Zusammenarbeit begonnen wurden und die Sicht auf Polen und
Deutschland in Russland behandeln.7 Auch auf diese Ergebnisse beziehen
wir uns in Teilen dieser Publikation.
2013 übernahm das Institut für Öffentliche Angelegenheiten
gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung die Durchführung ähnlicher
Untersuchungen zur Wahrnehmung Polens und Russlands in
Deutschland, die in der vorliegenden Publikation vorgestellt werden.
2 X. Dolińska, M. Fałkowski, Polska – Niemcy. Wzajemny wizerunek w okresie rozszerzania Unii
Eruopejskiej, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2001. [Polen – Deutschland. Ihr gegenseitiges
Bild während der EU-Erweiterung].
3 M. Fałkowski, A. Popko, Polacy i Niemcy. Wzajemny wizerunek po rozszerzeniu Unii Europejskiej,
Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2009. [Polen – Deutsche. Ihr gegenseitiges Bild nach der EU-Erweiterung].
4 L. Kolarska-Bobińska, A. Łada (red.), Polska – Niemcy. Wzajemny wizerunek i wizja Europy, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2009. [Polen – Deutsche. Ihr gegenseitiges Bild und ihre Vision
von Europa].
5 Das Russlandbild der Deutschen – das Deutschlandbild der Russen. Ergebnisse repräsentativer Bevölkerungsumfragen in Deutschland und Russland, siehe online unter: http://www.petersburger-dialog.de/files/Praesentation%20180908.pdf, (aufgerufen am 31.03.2013).
6 Eine Publikationsliste mit Berichten aus den letzten fünf Jahren, die diese Untersuchungen
behandeln, findet sich am Ende der vorliegenden Studie. Die gegenseitige Wahrnehmung von Polen
und Deutschen erforschte 2011 auch das Allensbach Institut im Auftrag der Stiftung für deutschpolnische Zusammenarbeit. Die Fragen decken sich allerdings nicht mit dem Fragenkatalog des ISP,
daher können ihre Ergebnisse nicht unmittelbar miteinander verglichen werden. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Ein großer Schritt in Richtung Normalität: Der Stand der deutsch-polnischen
Beziehungen. Ergebnisse repräsentativer Bevölkerungsumfragen in Deutschland und Polen, Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Warschau 2011.
7 G. Gromadzki, J. Kucharczyk, A. Łada, C. Ochmann, Y. Taran, Ł. Wenerski, Ludzie – historia –
polityka. Polska i Niemcy w oczach Rosjan, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2012. [Menschen
– Geschichte – Politik. Polen und Deutsche in den Augen der Russen].
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Einführung 15
Der gleiche Wortlaut der Fragen zu den Bildern Polens und Russlands
sowie deren Gesellschaften erlaubt hierbei einen genauen Vergleich der
diesbezüglichen deutschen Perzeption. Dies hat zum Ziel, Ähnlichkeiten
und Unterschiede in der Wahrnehmung aufzuzeigen, welche die
Deutschen einerseits gegenüber einem Mitgliedstaat der Europäischen
Union, andererseits gegenüber einem wichtigen Wirtschaftspartner
haben, der jedoch sowohl unter dem Gesichtspunkt demokratischer
Wertestandards als auch in Bezug auf seine Mentalität und politische
Kultur weiter von Deutschland entfernt ist. Zusätzlich soll die
vergleichende Darstellung zum tieferen Nachdenken über die Ursprünge
der Wahrnehmung und Methoden ihrer Verbesserung anregen. Die im
November 2010 in Russland durchgeführte Studie hat gezeigt, dass eine
solche Herangehensweise begründet ist und dies interessante Ergebnisse
ergibt.
Einen Forschungsbeitrag stellen auch Ergebnisse dar, die vom
Standpunkt nur eines einzigen Landes aus analysiert werden. Solche
Schlussfolgerungen können nämlich den deutschen Eliten als
Entscheidungsträgern des Landes bewusst machen, dass sich ihre
Überzeugungen nicht zwangsläufig in der öffentlichen Meinung
widerspiegeln müssen. Das bedeutet ebenfalls, dass die allgemein
vorhandenen Überzeugungen überprüft werden müssen, laut denen
einige Prozesse schon beendet sind, da das Bild des anderen Landes
und seiner Bevölkerung so ist, wie es die meinungsbildenden und
politischen Eliten wahrnehmen. Die hier vorgelegten Ergebnisse weisen
eindeutig auf ein solches Erfordernis hin. Die vorliegende Untersuchung
soll zudem eine grundlegende Wissensquelle für Entscheidungsträger,
Diplomaten, Journalisten, sowie für in den deutsch-polnischen und
deutsch-russischen Beziehungen engagierte und für die Meinungsbildung
in Polen und Russland verantwortliche Personen bieten. Im Rahmen des
Berichts wird aufgezeigt, was unternommen werden muss, damit das
Polen- bzw. Russlandbild in Deutschland verbessert und das Wissen
über das jeweilige Land auf ein solides und zuverlässiges Niveau gestellt
werden kann. Zugleich soll diese Studie jedoch den oben genannten
Personen auch als Mahnung dienen, die Bemühungen um eine
Verbesserung der gegenseitigen Wahrnehmung und die Fortführung des
Verständigungsprozesses nicht zu vernachlässigen.
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16 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Diese Untersuchung wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durch
das deutsche Meinungsforschungsinstitut TNS EMNID im Zeitraum vom
8. bis 15. März 2013 realisiert. Wie bereits erwähnt, lag den Umfragen ein
vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten erstellter Fragenkatalog
zugrunde. Befragt wurde eine repräsentative Gruppe von 1045 Deutschen
ab 14 Jahren.8
Die vorliegende Publikation setzt sich aus mehreren Teilen zusammen.
Im ersten Abschnitt wird die Vielfältigkeit der deutsch-polnischen und
deutsch-russischen Kontakte beschrieben, wobei aufgezeigt werden soll,
wie viele Kontaktmöglichkeiten die Deutschen mit Polen und Russen
haben. Die folgenden Kapitel stellen die Ergebnisse der Untersuchung
dar und kommentieren diese. Im letzten Abschnitt schließlich folgen
die aus den Antworten der deutschen Befragten zu ziehenden
Schlussfolgerungen, und es werden Empfehlungen formuliert, was
unternommen werden kann, um die Sicht der Deutschen auf Polen positiv
zu gestalten.
8 Die Ergebnisse im Text beziehen sich, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf die vorliegenden
Umfragen. Die Ergebnisse aus den Jahren 2000, 2006 und 2008 basieren auf Umfragen, die in
diesen Jahren durch das ISP durchgeführt wurden.
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DIE DEUTSCH-POLNISCHEN UND DEUTSCH-RUSSISCHEN BEZIEHUNGEN
Das Bild eines Landes und seiner Gesellschaft bildet sich auf der
Grundlage vieler Faktoren und Einflüsse. Zu solchen gehören das Wissen,
das in der Schule vermittelt wird, Medienberichte, sowie Meinungen
oder Ansichten, welche von den Eliten – vor allem von Politikern und
Machthabern – vertreten werden. Wie die Untersuchungen des Instituts
für Öffentliche Angelegenheiten allerdings zeigen, spielen in der Regel
eigene Erfahrungen eine grundlegende Rolle. So wird gerade mittels
persönlicher Beobachtungen, in Gesprächen, Reflexionen oder durch
Kontakte das Wissen erworben, welches später das Urteil über die
Situation in einem bestimmten Land sowie gegenüber der dortigen
Bevölkerung prägt.
Der Einfluss von Geschichte und Tradition
Eine enorme Rolle spielt die gemeinsame historische Vergangenheit,
in der zwei Gesellschaften miteinander verbunden sind. In den beiden
vorliegenden untersuchten Fällen, den deutsch-polnischen und deutschrussischen Beziehungen, kommt ihr außerordentliche Bedeutung zu.
Die deutsch-polnischen Kriege, die Verschiebung der Grenzen, das
preußische Teilungsgebiet, die Germanisierung und der Zweite Weltkrieg,
schließlich die Besatzung und die Verbrechen der Nationalsozialisten in
Polen werden nicht nur das Bild Deutschlands in Polen, sondern auch
die Sicht auf Polen in Deutschland nicht unwesentlich und fortsetzend
beeinflussen. Über Jahre hinweg stellten deutsche Machthaber,
angefangen bei der preußischen Politik im 17. Jahrhundert, Polen als
schwaches Land dar, das es galt, den Deutschen unterzuordnen – ein Land
der Unordnung, der rückständigen Wirtschaft, besiedelt von Menschen
der übelsten Sorte. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg trug die
Aufteilung in zwei politische Blöcke zu einer weiteren Vertiefung des
Misstrauens, des Unwissens und der Verinnerlichung von Stereotypen bei.
Die Deutschen im Westen sahen Polen als armen Nachbarn, dem nach
1989 – nicht nur in Anbetracht der Geschichte und aus einem Gefühl der
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18 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Verpflichtung heraus, sondern aus rein pragmatischer, wirtschaftlicher
und politischer Sicht – bei den Reformen sowie bei der Integration in die
NATO und die Europäische Gemeinschaft geholfen werden musste. Das
dabei geschaffene Bild des „jüngeren Bruders“, auf den man ein wenig von
oben herab, mal kritisch, mal mit Augenzwinkern und belehrend blickt,
ermöglichte keine partnerschaftlichen Beziehungen. Seit der Zeit, da beide
Staaten Mitglieder in der Europäischen Union sind, gestalten sich die
gegenseitigen Beziehungen allerdings zunehmend partnerschaftlicher,
auch wenn die Ungleichheit der Potentiale weiterhin bestehen bleiben
wird. Der Ton der Eliten, die sich zu Polen äußern, hat sich entschieden
verändert. Klar sichtbar ist das gestiegene Interesse am Nachbarn. Diese
Veränderung ist die Folge vieler Faktoren.
Anders entwickelten sich die deutsch-russischen Beziehungen.
Sie wurden nicht von Konfliktjahren bestimmt. Russland weckte bei
den Deutschen seit jeher eine gewisse Bewunderung, die russische
Kultur wurde geschätzt, und vielfältige politische Verbindungen
zwischen Deutschen und Russen förderten die Kontakte in den höheren
Gesellschaftsschichten beider Länder. Das Bild der deutschen Eliten
von Russland entwickelte sich aufgrund gegenseitiger Anerkennung
und Bewunderung über Jahrhunderte hinweg positiv. Die deutsche
Aristokratie diente am Zarenhof und russische Eliten sahen durch die
„deutsche Brille“ auf Europa. Im 19. Jahrhundert wurde die russische
Hauptstadt, Sankt Petersburg, dominiert von deutschen Kaufleuten und
Handwerkern. Auch die Kooperation zwischen Nazideutschland und
kommunistischem Russland festigte den Mythos von den Möglichkeiten
der Zusammenarbeit. Die Verbrechen der Nationalsozialisten haben
dieses positive Bild nicht zerstört. Der Vertrauensvorschuss, welchen
die Deutschen Russland und seinen Eliten gewährten, herrschte
nicht nur während der Wende der 1980er und 1990er Jahre, sondern
blieb auch später bestehen. 9 Als Beispiel nennen lässt sich etwa der
deutsche Enthusiasmus gegenüber der Person Michail Gorbatschows,
der in Deutschland nach wie vor als einer der „Gründerväter“ der
Wiedervereinigung gesehen wird. Auch die Offenheit gegenüber den
Plänen Medwedews nach dessen Wahl zum Präsidenten fügt sich nahtlos
in dieses positive Bild von Russland ein.
9 In Deutschland wird Russland eindeutig als der Rechtsnachfolgestaat der Sowjetunion wahrgenommen.
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Die deutsch-polnischen und deutsch-russischen Beziehungen 19
Zwischenmenschliche Kontakte
Bei den persönlichen Kontakten der Deutschen mit Polen und Russen
gilt es, mehr noch als bei anderen, vergleichsweise „typischen“ Fällen
zwischengesellschaftlicher Beziehungen, eine Vielzahl besonderer Faktoren
zu beachten. Die Deutschen stehen mit diesen beiden Nationen nicht
nur mittels eigener Aufenthalte in diesen Ländern oder per touristischer
sowie dienstlicher Reisen von Polen oder Russen nach Deutschland in
Kontakt. Am Wichtigsten sind in beiden Fällen zahlreiche polnisch- und
russischsprachige Bevölkerungsgruppen, die seit Jahren in Deutschland
leben. Dabei geht es jedoch nicht nur um typische Arbeitsmigranten, deren
Zahl ohnehin aufgrund der entwickelten wirtschaftlichen Grauzone schwer
abzuschätzen ist. Das deutsche Bild des „durchschnittlichen“ Polen oder
Russen wird durch Tausende von Deutschen polnischer und russischer
Abstammung geprägt, die im Besitz zweier Pässe sind. Dennoch bestehen
sehr große Wahrnehmungsunterschiede betreffend dieser beiden Gruppen,
die Einfluss auf die deutsche Rezeption haben. Diejenigen Deutschen,
die im Laufe der letzten Jahrzehnte aus Polen gekommen sind, sind
für gewöhnlich hervorragend in der deutschen Gesellschaft integriert,
unterscheiden sich nicht mehr als anderen kulturellen Gruppen und
werden nicht als Polen wahrgenommen. In der überwiegenden Mehrheit
bleiben die Russlanddeutschen hinter der deutschen Gesellschaft zurück.
Eben diese Gruppe prägt das Bild der Russen in Umfragen unter Deutschen.
Ende 2011 lebten in Deutschland 468.500 Polen, mithin die drittgrößte
Gruppe von Ausländern in Deutschland – hinter Türken und Italienern,
weit größer als der Anteil an Russen in Deutschland (diese belegen mit
195.000 den 7. Platz). Dabei gilt es nicht zu vergessen, dass Polen als
Bürger der Europäischen Union Freizügigkeit genießen und das Recht auf
Einreise und Aufenthalt haben, weshalb zugleich jedoch auch das Wissen
über die sie betreffenden Migrationsbewegungen gegenwärtig weniger
dokumentiert ist. Andererseits besitzen, wie schon erwähnt, viele Russen
die deutsche Staatsbürgerschaft und werden statistisch betrachtet nicht
als Ausländer geführt, auch wenn sie der allgemeinen Überzeugung
zufolge als solche angesehen werden.
Die Zahl polnischer Arbeiter in Deutschland steigt. Laut der
Bundesagentur für Arbeit, die lediglich registrierte Fälle von Beschäftigten
berücksichtigt, arbeiteten im Januar 2010 113.500 Polen in Deutschland
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20 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
(von 172.000 Bürgern der acht mittel- und osteuropäischen Länder, die
2004 der EU beitraten). Im Januar 2012, das heißt einige Monate nach der
vollen Liberalisierung des deutschen Arbeitsmarkts, waren es 180.000 und
im November 2012 (nach aktuellsten zugänglichen Daten) 241.000 Polen.10
Auch berücksichtigen die Deutschen Polen immer häufiger bei
ihren Urlaubsplänen. Während der ersten drei Quartale des Jahres
2012 kamen 3,6 Mio. deutsche Touristen nach Polen, was einen Anstieg
von 5,2 Prozentpunkten gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr
bedeutet.11 Polen gehörte im Jahr 2011 zu den zehn am häufigsten von
deutschen Touristen ausgewählten Urlaubsländern (neben Deutschland
selbst) – nach Spanien, Italien, der Türkei, Österreich, Frankreich,
Kroatien und Griechenland und noch vor Holland und Dänemark.12 Im
Jahr 2012 überholte Polen selbst Griechenland.13 Solch hohe statistische
Werte erreicht Russland als Urlaubsland nicht, allerdings belegte die
Stadt Moskau 2008 den Spitzenplatz unter den Zielen bei Dienstreisen
außerhalb der Europäischen Union.14 2012 musste es den ersten Rang
an Shanghai abtreten. 15 Angaben des Staatlichen Statistikamtes der
Russischen Föderation zufolge kamen 2011 629.000 Deutsche nach
Russland, darunter 181.000 dienstlich, 347.000 als Touristen, 50.000 aus
privaten Gründen, 8.000 als Durchreisende und 43.000 als Dienst- oder
Hilfspersonal.
Jenseits touristischer Aufenthalte der Deutschen in Polen (und der
Polen in Deutschland) haben im Rahmen von Austauschprogrammen
deutscher und polnischer Jugendlicher, die durch das Deutsch-Polnische
Jugendwerk finanziert werden, seit dessen Gründung (1991) schon über
2,2 Mio. Jugendliche das jeweilige Nachbarland besucht.
10 Vgl. M. Hartmann, K. Reimer, „Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der EU-Schuldenkrise auf den deutschen Arbeitsmarkt“, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg 2013, S. 11.
11 Vgl. „Polen: Immer mehr deutsche Urlauber“, siehe online unter: http://www.das-polen-magazin.de/polen-immer-mehr-deutsche-urlauber/ (Zugriff am 05.06.2013).
12 Vgl. Deutscher Reise-Verband (Hg.), „Fakten und Zahlen zum deutschen Reisemarkt 2011. Eine
Übersicht“, Berlin März 2012, S. 5.
13 Vgl. ebd.
14 Vgl. ebd.; Deutscher Reise-Verband (Hg.), „Fakten und Zahlen zum deutschen Reisemarkt
2009. Eine Übersicht“, Berlin März 2010, S. 19.
15 Vgl. Deutscher Reise-Verband (Hg.), „Fakten und Zahlen zum deutschen Reisemarkt 2012. Eine
Übersicht“, Berlin März 2013, S. 27.
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Die deutsch-polnischen und deutsch-russischen Beziehungen 21
Grenzkriminalität
Eine der größten Herausforderungen für die deutsch-polnischen
Beziehungen stellt in den letzten Jahren die hohe Kriminalitätsrate an
der deutschen Grenze zu Polen dar, die allerdings nicht, wie gelegentlich
falsch in den deutschen Medien dargestellt wird, mit der Anwesenheit
vieler Polen in Deutschland zusammenhängt. Berichte über Autound Landmaschinendiebstähle lassen die Polen in den Augen der
deutschen Bewohner in sehr schlechtem Licht erscheinen. Tatsächlich
ist allerdings in Brandenburg ein deutlicher Rückgang der Kriminalität
seit den Neunzigerjahren festzustellen, als die höchsten Deliktraten
zu verzeichnen waren. Ebenso sind die allgemeinen Zahlen zur
Grenzkriminalität im Vergleich zum Jahr 2003, also zum Zeitpunkt kurz vor
dem Beitritt Polens zur EU, gesunken. Sie fielen dabei relativ betrachtet
schneller als im gesamten Bundesland, auch wenn sie im Vergleich zu
anderen Teilen Brandenburgs in der Grenzregion weiterhin höher sind.
Während beispielsweise im Jahr 2003 in den 24 grenznahen
Gemeinden des Landes Brandenburg 34.000 Delikte verzeichnet wurden,
waren es 2012 nur 20.251. Zugleich bedeutet die zuletzt genannte Zahl im
Vergleich zum Vorjahr 2011 einen Rückgang um 1.739 Delikte, mithin um
7,9%. Besonders bemerkenswert ist dabei der Rückgang bei Diebstählen;
während 2003 ca. 12.000 Diebstähle verzeichnet und 2011 noch 11.292 Fälle
registriert wurden, waren es 2012 nur noch 9.131 Fälle.
Tatsache ist jedoch, dass nach dem Beitritt Polens zum Schengenraum,
also nach der Aufhebung der Grenzkontrollen, ein Zuwachs an Diebstählen
von Fahrzeugen und Landmaschinen sowie an Garageneinbrüchen
festzustellen war. 2012 war das erste Jahr, in dem diese Statistik rückläufig
war; der Stand von vor 2008 ist aber noch immer nicht in allen Fällen
erreicht.
Allgemein betrachtet belaufen sich die Straftaten an der Grenze
Brandenburgs auf 10,4% aller Straftaten in diesem Bundesland. Über die
Hälfte davon (53,4% der Fälle) wurden aufgeklärt, was ebenfalls positiv zu
bewerten ist (2011 wurden 48,2% der Straftaten aufgeklärt).16
16 Vgl. Land Brandenburg (Hg.), „Handout Pressekonferenz am 6. März 2013, Vorstellung der Daten zur Entwicklung der Polizeilichen Kriminalstatistik in der Grenzregion für das Jahr 2012“, siehe
online unter: http://www.mi.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/Handout_Pressekonferenz_
Grenze.pdf (Zugriff am 04.06.2013).
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22 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Tabelle 1:
Kriminalität in den
Grenzgemeinden des
Landes Brandenburg
Quelle: „Handout
Pressekonferenz am 6.
März 2013, Vorstellung
der Daten zur Entwicklung
der Polizeilichen
Kriminalstatistik in der
Grenzregion für das
Jahr 2012 im Land
Brandenburg“, siehe
online unter: http://www.
mi.brandenburg.de/
sixcms/media.php/4055/
Handout_Pressekonferenz_
Grenze.pdf (Zugriff am
04.06.2013), sowie
Angaben der Kanzlei des
Landes Brandenburg.
Gesamtzahl der Straftaten
Diebstähle gesamt
Autodiebstähle
Diebstähle aus Garagen und von Parkplätzen
Fahrraddiebstähle
Diebstähle aus Häusern und Wohnungen
Diebstähle aus Gärten und Ferienhäusern
Landmaschinendiebstähle
Wohnungseinbrüche
Einbrüche in Firmen
Diebstähle gesamt Frankfurt (O)
Autodiebstähle Frankfurt (O)
Anzahl der festgestellten [bestimmten oder
identifizierten] Straftaten
Anzahl der festgestellten Straftaten von
Ausländern
2003
2007 2011
34.000
21.990
Ca. 12.000
11.292
178 669
726
2.425
392
713
79
132
392
867
853
3500
52
7.947
2012
20.251
9.131
546
271
1.818
331
728
104
331
654
3150
264
8.304
2.133,
davon
1.162
Polen
2.436,
davon
1.090
Polen
Die hohen Kriminalitätsraten werden nicht ohne Grund mit
polnischen Bürgern assoziiert. Die Zahl der ausländischen Straftäter
in der Grenzregion Brandenburgs steigt nämlich. 2012 gab es, wie der
Vergleich mit den Daten des Jahres 2011 zeigt, insgesamt 303 ausländische
Straftäter mehr, was einen Anstieg um 14,2% bedeutet. 2012 stellten
Ausländer 29,3% aller Straftäter (2011 – 26,8%). Unter ihnen waren
fast die Hälfte Polen (44,7%; im Jahr 2011 waren es 54,5%). Von den 102
aufgeklärten Autodiebstählen im Jahr 2012 wurden 72 von Ausländern
begangen, davon 65 von Polen. 17 Auch in der Grenzregion VorpommernGreifswald – einem Teil des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern –
war der Anteil der Straftäter, die nicht aus Deutschland stammten, höher
als in anderen Teilen dieses Bundeslandes; die größte Gruppe unter ihnen
waren die Polen. Allerdings war der Anteil der gestohlenen Autos, die nach
Polen abgeführt wurden, geringer als der Anteil der Autos, die durch Polen
hindurch weiter nach Osten transportiert wurden.18
17 Vgl. ebd.
18 Vgl. R. Kiesel, „Kriminalität an der Grenze stagniert“, in Schweriner Volkszeitung vom 26. Februar 2013.
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Die deutsch-polnischen und deutsch-russischen Beziehungen 23
Wirtschaftskontakte
In der Gesamtbilanz des deutschen Außenhandels beläuft sich der
Anteil des Handels zwischen der Bundesrepublik und Polen auf drei bis
vier Prozentpunkte. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank haben
deutsche Unternehmer im Jahre 2011 in Polen ca. 3 Mrd. Euro investiert,
womit das Land den vierten Rang – hinter China, den Vereinigten
Staaten und Österreich, und vor Indien (2,7 Mrd. Euro) und Schweden
(2,6 Mrd. Euro) – belegt.19 2012 hat Deutschland in Polen etwa 3,5 Mrd.
Euro investiert – so viel wie seit vier Jahren nicht. Im ersten Quartal
2013 betrugen aktuelle deutsche Investitionen 1,2 Mrd. Euro. Polnische
Investitionen in Deutschland gingen gegenüber den Vorjahren zurück (in
den Jahren 2010 und 2011 betrugen diese 300 bzw. 400 Mio. Euro), doch
sie belaufen sich derzeit immerhin noch auf 122 Mio. Euro. Die größten
polnischen Investoren in Deutschland sind PKN Orlen, Comarch, Asseco
Germany und Odratrans.20
Deutschland, das beim polnischen Export den ersten Platz einnimmt,
ist seit Jahren der wichtigste Handelspartner Polens. Polen ist wiederum
seit Jahren auf dem ersten Platz unter den Ländern Mittel- und
Osteuropas, in die Deutschland exportiert – noch vor Russland. Im Jahr
2012 betrug der deutsche Export nach Polen 42,2 Mrd. Euro und nach
Russland 38 Mrd. Euro. Der Import aus Polen betrug hingegen 33,5 Mrd.
Euro (ein Wachstum von 3,68% gegenüber dem Vorjahr) und aus Russland
42,5 Mrd. (ein Wachstum von 3,84%).21
Von positiver Veränderung in der letzten Zeit zeugt auch die
Tatsache, dass Polen – nach sieben Jahren ungebrochener Dominanz der
Tschechischen Republik – erstmals seit 2006 wieder die Spitzenplatzierung
im Ranking der attraktivsten Investitionsstandorte unter den Ländern
Mittel- und Osteuropas einnimmt. Seit Jahren ist hier eine Verbesserung
zu verzeichnen – in den Jahren 2010 bis 2012 belegte Polen den zweiten
Platz, vorher den vierten (2008 bis 2009) bzw. neunten Rang (2007).
19 Vgl. M. Grzegorczyk, „Niemieccy inwestorzy wolą Polskę”, in Obserwator finansowy vom
31. Oktober 2012, siehe online unter: http://www.obserwatorfinansowy.pl/forma/analizy/niemieccy-inwestorzy-wola-polske (Zugriff am 01.12.2012).
20 Vgl. R. Romaniec, „Polska-Niemcy: Kryzys trwa, a handel kwitnie“, Deutsche Welle, Polnische Redaktion, siehe online unter: http://www.dw.de/polska-niemcy-kryzys-trwa-a-handelkwitnie/a-16860806, (Zugriff am 10.06.2013).
21 Vgl. Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, „Deutscher Handel mit Mittel- und Osteuropa
2012“, siehe online unter: http://www.ost-ausschuss.de/sites/default/files/pm_pdf/Handelszahlen_MOE_2012.pdf (Zugriff am 06.06.2013).
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24 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Deutsche Unternehmer, die in der Region Mittel- und Osteuropa aktiv
sind, bewerten die Wirtschaftskonjunktur in Polen mit „gut“ (23%) bzw.
„befriedigend“ (65%). Bis zu 94% der befragten deutschen Unternehmer
würden nochmals in Polen investieren. Dieser Trend zeigt sich seit
Jahren unverändert. Polen ist nach Meinung deutscher Investoren auch
politisch betrachtet ein stabiles Land. Fast Dreiviertel der Befragten sind
zufrieden mit der Berufsqualifizierung der polnischen Arbeiter. Polen
belegt hierbei den ersten Platz in der Region (diese zählt insgesamt
zehn Länder). Auch bei der Zufriedenheit der Unternehmer hinsichtlich
des Zugriffs auf ausgebildete Fachkräfte rangiert Polen auf Platz eins.
Hingegen am seltensten wird Polen als Antwort genannt, wenn es gilt,
Länder aufzuzählen, deren politische oder gesellschaftliche Situation
instabil ist.22
22 Vgl. M. Kern, „Ankieta koniunkturalna EŚW 2013, Polsko-Niemiecka Izba Przemysłowo-Handlowa“, Warschau 2013, siehe online unter: http://www.paiz.gov.pl/files/?id_plik=20418 (Zugriff am
06.06.2013).
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DAS WISSEN ÜBER POLEN UND RUSSLAND
Bei der Entstehung und inneren Ausbildung bestimmter Vorstellungen
von einem anderen Land und seiner Bevölkerung kommt dem
persönlichen, direkten Kontakt, der sich bei Nachbarländern scheinbar
am einfachsten realisieren lässt, eine grundlegende Bedeutung zu.
Das Reiseverhalten der Deutschen nach Polen und Russland
Nach 1989 war ein Viertel aller Deutschen (24%) in Polen; davon die
Hälfte hat den Nachbarn mehrmals besucht (12%), und 3% reisen sogar
regelmäßig nach Polen. Zur letzteren Gruppe zählen mit Sicherheit
zahlreiche Experten, Unternehmer und Vertreter von Zivilgesellschaften,
die, wie bereits oben erwähnt, häufigen Kontakt zu
Partnern in Polen pflegen, sowie Deutsche aus dem
deutsch-polnischen Grenzgebiet.
Ja, einmal
9%
Ja, ein paar Mal
12%
Ein Viertel aller Deutschen
war nach 1989 in Polen.
Ja, ich besuche
Polen regelmäßig
ein oder mehrere
3% Male im Jahr
Nein, ich bin
noch nie in Polen
gewesen
76%
Diagramm 1:
Waren Sie schon einmal
nach 1989 in Polen?
Die Häufigkeit der Besuche steigt mit dem Alter der Befragten. Das
Durchschnittsalter derer, die häufig nach Polen reisen, beträgt 55
Jahre, wohingegen diejenigen, die nie in Polen waren, durchschnittlich
47 Jahre alt sind. Dies könnte damit zusammenhängen, dass in den
Neunzigerjahren auch Deutsche nach Polen reisten, die nach dem Zweiten
Weltkrieg die zu Polen gehörenden Gebiete verlassen mussten. Heute
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26 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
besuchen sie Polen weit seltener, allerdings nutzen nun deutsche Rentner
die Angebote polnischer Urlaubsorte. Aufgrund ihres Wohnorts reisen
Einwohner der östlichen Bundesländer, vor allem der an der polnischen
Grenze gelegenen (Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und
Sachsen), am häufigsten nach Polen. Mit großer Wahrscheinlichkeit
handelt es sich oft um Fahrten zum Einkaufen, zum Tanken, zum Besuch
eines Zahnarztes oder eines Friseurs, da Waren und Dienstleistungen auf
der polnischen Seite der Oder noch immer günstiger sind. Einwohner der
Bundesländer, die weiter von Polen entfernt sind, etwa aus SchleswigHolstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder Bayern, sind in
überwiegender Mehrheit nie in diesem Nachbarland gewesen.
Waren Sie schon einmal nach 1989 in Polen?
Ja, einmal
Ja, ein
Ja, ich
paar Mal besuche Polen
regelmäßig ein
oder mehrere
Male im Jahr
Schleswig-Holstein
5,3%
5,3%
2,6%
Hamburg
33,3%
9,5%
Niedersachsen
7,8%
5,9%
2,9%
Bremen
22,2%
Nordrhein-Westfalen
6,3%
3,6%
0,4%
Hessen
7,8%
6,5%
6,5%
Rheinland-Pfalz
5,9%
Baden Württemberg
3,8%
9,8%
0,8%
Bayern
6,9%
3,1%
Saarland
21,4%
Berlin
11,9%
45,2%
11,9%
Brandenburg
9,1%
60,6%
9,1%
Mecklenburg13,6%
68,2%
13,6%
Vorpommern
Sachsen
21,1%
22,8%
8,8%
Sachsen-Anhalt
22,6%
19,4%
3,2%
Thüringen
29,0%
12,9%
Gesamt
9,4%
11,5%
2,7%
Herkunft
(Bundesland)
Tabelle 2.
Waren Sie schon einmal
in Polen nach dem
Jahr 1989? Aufteilung
der Antworten nach
Bundesländern, in denen
die Befragten wohnen.
Nein, ich bin
noch nie in
Polen gewesen
86,8%
57,1%
83,3%
77,8%
89,7%
79,2%
94,1%
85,7%
89,9%
78,6%
31,0%
21,2%
4,5%
47,4%
54,8%
58,1%
76,4%
Die östlichen Bundesländer sind fett gedruckt
In Russland waren nach dem Zerfall der Sowjetunion nur wenige
Deutsche und wenn, dann handelte es sich dabei zumeist um
Einzelbesuche. Sicherlich spielt hierbei die Entfernung, die Notwendigkeit,
ein Visum besitzen zu müssen sowie ein geringeres Beziehungsgeflecht
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Das Wissen über Polen und Russland 27
beider Gesellschaften eine entscheidende Rolle.
In Russland waren nach dem
Zerfall der Sowjetunion nur
die Russland besuchen, ist eine Unterteilung in
wenige Deutsche.
Aufgrund der geringen Anzahl von Personen,
Altersgruppen bei diesen Reisenden nicht möglich.
Ja, einmal
4%
Ja, ein paar Mal
2%
Nein, ich bin noch nie
in Russland gewesen
94%
Diagramm 2:
Waren Sie schon einmal
nach 1989 in Russland?
Wissensquellen über Polen und Russland
Die geringe Anzahl der Deutschen, die einen Aufenthalt in Polen
oder Russland während der letzten Jahre angeben, spiegelt sich auch
in den Antworten zu Wissensquellen über beide Länder wider. Im Falle
Polens wird der Besuch des Landes selbst an sechster Stelle als solche
Quelle angegeben (18%) und Russland betreffend an zehnter Stelle (5%).
In Bezug auf beide Länder dominiert eindeutig das Wissen, welches aus
den Medien, vor allem aus dem Fernsehen und der Presse, bezogen wird;
dabei kommt dieser Quelle im Falle Russlands verglichen mit Polen eine
größere Bedeutung zu. Informationsquellen der Deutschen zu Polen
sind allgemein diversifizierter als zu Russland, was mit der Häufigkeit
persönlicher Kontakte zusammenhängt, die, wie oben erwähnt, aus
der Nähe und den geringeren Hürden bezüglich einer Reise in einen
anderen EU-Mitgliedstaat resultieren. Daher stammen Informationen
über Polen häufiger aus der Familie, darunter auch von Verwandten, die
in Polen leben. Im Falle Russlands spielt die Schule noch immer die größte
Rolle (27%). Die Deutschen beziehen ihr Wissen über Russland zudem –
häufiger als im Falle Polens – aus Büchern und Filmen deutscher oder
einheimischer Autoren.
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28 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Allerdings lassen sich auch gewisse Ähnlichkeiten feststellen. Eine
gleiche Anzahl von Deutschen gibt an, dass sie ihr Wissen von Bürgern
des betreffenden Landes bezieht, die nun in Deutschland leben.
)%
*( !
#
"
$)
'
(*
!
$%
&#'
(
)&*
*( !+
$%
&#' !(
$$' !( &*
)
+%
Diagramm 3:
Woher haben Sie ihr
Wissen über Polen bzw.
Russland?
,,, Interessanterweise spielt das Internet als Wissensquelle bei
weitem nicht die führende Rolle; es findet sich erst in der zweiten
Hälfte der Rangliste. Trotz der wachsenden Bedeutung des Internets
wird es vergleichsweise selten zur Gewinnung von Informationen über
andere Länder herangezogen. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der
Untersuchung des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten zum Bild
Polens und seiner Bevölkerung in Russland – nur 8% der Russen beziehen
ihr Wissen über Polen aus dem Internet.
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Das Wissen über Polen und Russland 29
Welche konkreten Informationsquellen zur Erlangung von Wissen
über Polen genutzt werden, hängt vom Alter der Befragten ab. Jüngere
beziehen ihr Wissen häufiger aus dem Internet (Personen mit einem
Durchschnittsalter von 35 Jahren) oder haben es über die Schule vermittelt
bekommen (Durchschnittsalter 41 Jahre). Personen, die sich mittels der
polnischen Presse informieren, deren Wissen auf einen Aufenthalt in
Polen zurückgeht oder die Bücher und Filme deutscher Autoren über
Polen heranziehen, sind etwas älter (im Durchschnitt beträgt ihr Alter 51,
52 bzw. 55 Jahre).
Ganz ähnlich verteilt sich das Durchschnittsalter der Befragten bei
der Frage nach den Informationsquellen zu Russland. Das Internet, die
Schule und russische Bekannte, die in Deutschland leben, werden am
häufigsten von jüngeren Befragten angegeben (ihr Durchschnittsalter
beträgt zwischen 39 und 45 Jahren). Ältere Deutsche nutzen hingegen
eher Presseartikel (Durchschnittsalter 50 Jahre) sowie Bücher und
Filme russischer sowie deutscher Autoren als Medium (diese sind im
Durchschnitt 52 bzw. 53 Jahre alt). Schließlich geben ältere Personen
auch häufiger den eigenen Aufenthalt in Russland als Bezugsquelle an
(der Altersdurchschnitt liegt hier bei 55 Jahren).
Deutsche, die angeben, in Polen gewesen zu sein, nennen den
Aufenthalt als Hauptquelle für ihr Länderwissen. Dabei erstaunt nicht,
dass diese Gruppe mehr Bürger aus Ostdeutschland zählt, da diese
statistisch betrachtet häufiger auf die andere Seite der Oder reisen als
ihre Landsleute aus dem Westen. Russland betreffend geben diejenigen,
die das Land besucht haben, ebenso ihren Aufenthalt als Hauptquelle für
ihr Wissen über das Land an. Dabei verweisen sie häufiger auf Familie
und Bekannte in Russland sowie auf russische Bücher und Filme als
diejenigen, die nie in Russland gewesen sind. Interessanterweise geben
Ostdeutsche häufiger ihren Aufenthalt in Russland als Wissensquelle
an als Westdeutsche. Gleichzeitig sollte man allerdings bedenken,
dass eine verschwindend geringe Zahl an Befragten aus den östlichen
Bundesländern nach 1989 in Russland gewesen ist.
Was die konkreten Informationsquellen zu Russland anbelangt,
lässt sich ebenfalls klar beobachten, dass statistisch betrachtet
westdeutsche Befragte keine der Wissensquellen häufiger angeben als
ihre Landsleute aus Ostdeutschland. Diese gaben hingegen häufiger
als westdeutsche Bürger neben dem Aufenthalt in Russland die Schule,
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30 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
deutsche sowie russische Filme und Bücher über Russland wie auch die
Familie an. Seltener hingegen benannten sie die Kategorie „sonstige
Quellen“, in die unterschiedliche, in der Auswahlliste nicht aufgeführte
Antwortmöglichkeiten fallen, die beispielsweise Erfahrungen aus DDRZeiten miteinschließen könnten, welche die Bewohner der westlichen
Bundesländer nicht hatten.
Die Antworten der Deutschen auf die Frage nach Wissensquellen
zu Polen lassen sich mit den Antworten der Russen zum selben Thema
vergleichen. Wie aus den Untersuchungen des Instituts für Öffentliche
Angelegenheiten aus dem Jahr 2011 hervorgeht, basiert das Wissen
der Russen über Polen und seine Gesellschaft hauptsächlich auf der
Vermittlung durch die Schule respektive auf den Inhalten der Schulbücher
– über die Hälfte der Befragten (53%) gaben diese Quelle an. Geringere
Bedeutung als in Deutschland haben in Russland Fernsehsendungen und
Presseartikel, die jeweils 39% bzw. 26% der Russen als Informationsquelle
bezüglich Polen dienen. Wie bereits erwähnt, gaben lediglich 8% der
Russen das Internet als Quelle ihres Wissens über Polen an.
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DAS BILD POLENS UND RUSSLANDS
Das Bild eines Landes setzt sich gewöhnlich aus mehreren Elementen
zusammen. Zu den Wichtigsten gehören Assoziationen, die der Name des
genannten Staates hervorruft, sowie die Vorstellung davon, wie dieser
funktioniert. Gewöhnlich wird ein Land, das allgemein als freundlich
und positiv eingeschätzt wird, auch positiver unter dem Blickwinkel
des Funktionierens seiner Regierung oder seiner Wirtschaft beurteilt.
Und umgekehrt erlaubt zugleich die Bewertung dieser Teilaspekte auch
einen allgemeinen Schluss in Bezug auf die Haltung einer bestimmten
Gesellschaft gegenüber einem anderen Land.
Assoziationen mit Polen und Russland
Die Deutschen assoziieren Polen und seine Bevölkerung hauptsächlich
mit Aspekten des Alltagslebens, darunter insbesondere mit dem Bereich
Arbeit (40% aller Assoziationen). Dies zeigt eine Tendenz, die seit Jahren
unverändert ist, auch wenn diese Gruppe von Assoziationen in den
Umfragen von 2008 um einige Prozentpunkte kleiner war. Darüber
hinaus herrschen andere Eindrücke in diesem Themenfeld vor, die sich in
einigen weiteren Kategorien zusammenfassen lassen. Die zahlenmäßig
größte Kategorie im Bereich Alltagsleben betrifft die Kriminalität –
ähnlich wie schon im Jahr 2008. Dabei werden Autodiebstähle, Korruption
sowie die illegale Überführung von Waren über die Grenze genannt. Die
zahlreichen Nennungen dieser Art zeigen, dass das Stereotyp vom Polen
als Dieb auf der deutschen Seite der Oder noch immer sehr verbreitet
ist. Dieses Vorurteil stammt noch aus den Neunzigerjahren, in denen
plumpe Witze über Polen sie gleichzeitig als Diebe brandmarkten. Diese
traditionell üble Darstellung der Polen in Deutschland sowie emotionale,
geradezu erhitzte Reaktionen aus Polen hierauf, die gewissermaßen
zur weiteren Verbreitung dieser Witze ihrerseits anregten – führten
dazu, dass diese Assoziationen im Gedächtnis der Deutschen haften
blieben. Diese Vorurteile werden wirksam von den im letzten Kapitel
vorgestellten hohen statistischen Werten im Bereich Grenzkriminalität
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32 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
sowie von zwischenzeitlich sogar noch gestiegenen diesbezüglichen
Zahlen nach dem Beitritt Polens zum Schengener Abkommen bestätigt.
Den Rückgang der Kriminalitätsrate im letzten Jahr sowie die allgemeine
Verbesserung der Situation gegenüber dem Zeitraum vor der polnischen
EU-Mitgliedschaft hat die deutsche Gesellschaft hingegen noch nicht
zur Kenntnis genommen. Das negative Bild wird zu großen Teilen auch
heute noch durch die deutschen Medien bestärkt, welche in schillernden
Farben einzelne Vorfälle und zweifelsohne als Tragödie zu bewertende
Situationen von Einzelpersonen beschreiben, und dabei aber weder
konsequent auf die wachsende Aufdeckung der Straftäter noch auf die
sinkenden Zahlen in einigen Kategorien hinweisen. Zudem suggerieren
Journalisten mehrfach – unabhängig davon, wer tatsächlich eine gegebene
Ein großer Teil der
Assoziationen der
Deutschen mit Polen hat den
Bereich Kriminalität zum
Gegenstand.
Straftat verübt hat-, dass es sich um Täter aus Polen
handeln könnte, da das gestohlene Fahrzeug in
diese Richtung weggefahren sei. All das findet
Widerspiegelung in dem hohen Maße, in dem Polen
fortsetzend mit Kriminalität assoziiert werden.
Die zweite Kategorie im Themenfeld „Alltagsleben“ besteht aus
Assoziationen, die mit dem Bereich Arbeit verbunden sind. Die Befragten
betonen die Fachkenntnis polnischer Arbeiter („gute Arbeiter“) sowie
die Tatsache, dass Leistungen von Arbeitern aus Polen billiger sind
(„Niedriglohnland“). Auch in den letzten Jahren war diese Kategorie
zahlenmäßig stark vertreten. Allerdings wurden noch im Jahr 2006 darin
Assoziationen genannt, die heute nicht mehr vorhanden sind, wie etwa die
Aussage: Polen „nehmen den Arbeitsplatz weg“. Diese Veränderung zeigt,
dass die deutsche Gesellschaft nach Jahren voller Ängste vor polnischer
Arbeitsmigration in die Bundesrepublik zur Überzeugung gelangt ist, dass
polnische Arbeiter keine Gefahr mehr für sie darstellen. Diese Meinung ist
schon längst in der breiten Wirtschaft und speziell unter Arbeitgebern in
der Landwirtschaft etabliert, die seit Jahren Polen beschäftigen und sehr
zufrieden mit ihnen sind.
Ebenso wie in den Umfragen der Jahre 2006 oder 2008 ist Polen nach
Meinung der Deutschen ein Land, in dem man billig einkaufen kann (es
ist die Rede von sogenannten „Polenmärkten“). Seit Jahren tauchen unter
den Assoziationen zum Alltagsleben auch Äußerungen über die Schönheit
polnischer Frauen auf. Die Tatsache, dass Polinnen in Deutschland die
seit Jahren am häufigsten geehelichte Gruppe von Ausländerinnen
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Das Bild Polens und Russlands 33
stellen, bestätigt, dass diese Überzeugung ziemlich stark in der
deutschen Gesellschaft verankert ist. Neu hingegen ist die Erwähnung
guter polnischer Fußballspieler. Dies lässt sich leicht mit den Erfolgen
polnischer Spieler in der Mannschaft von Borussia Dortmund erklären,
die in deutsch-polnischen Kreisen gelegentlich sogar zur Bezeichnung
„Polonia Dortmund“ führt. Robert Lewandowski etwa wurde schon zum
zweiten Mal in Folge von den Fans zum Bundesliga-Fußballspieler des
Jahres gewählt.
Somit kann man deutlich erkennen, dass Die Deutschen verbinden
im Themenfeld Alltagsleben sowohl positive Polen immer häufiger mit
Assoziationen (z.B. Polen als gute und billige dem Bereich Tourismus.
Arbeitskräfte sowie gute Fußballspieler und schöne Frauen), als
auch zahlreiche negative Assoziationen, die vor allen Dingen in der
unreflektierten Gleichsetzung der Polen mit Autodieben und Kriminellen
bestehen, vorhanden sind.
Die am zweithäufigsten vertretene Assoziationsgruppe in Bezug
auf Polen betrifft Tourismus und Kultur (20%). Hier hat gegenüber dem
Jahr 2008 eine Veränderung stattgefunden, da diese Gruppe damals den
dritten Platz einnahm. Ähnlich wie damals sind darin Assoziationen des
Landes mit der Landschaft („schöne Natur“, „schönes Land“, „schöne
Orte“) wie auch mit konkreten Regionen Polens („Masuren“, „Schlesien“),
Städten („Krakau“, „Warschau“, „Danzig“) sowie mit Polen als billigem
Urlaubsland enthalten. Der zahlenmäßig kontinuierliche Anstieg solcher
Assoziationen zeigt, dass die Deutschen Polen häufiger als früher im
Rahmen touristischer Reisen kennenlernen. Dies wiederum gibt Hoffnung
auf eine schrittweise Verbesserung der allgemeinen Kenntnis des Landes
und des Polenbildes. Denn wie die übrigen Ergebnisse zeigen, schätzen
Personen, die Polen bereits besucht haben, das Land positiver ein.
Insofern man die Kategorie „Sonstige“ (9%) außer Acht lässt, nimmt die
Assoziationsgruppe zur Situation in Polen (7%) den nächsten Platz ein. Hier
weichen die Assoziationen sehr voneinander ab. Einerseits wird Polen als
ein Land mit Wirtschaftswachstum angesehen, andererseits als ein armes
Land in einer schlechten wirtschaftlichen Lage. Innerhalb dieser Gruppe
hat es eine Veränderung gegeben. 2008 wies dieser Themenbereich
ausschließlich negative Assoziationen wie Armut und Rückständigkeit auf
und stellt insgesamt einen kleinen Teil der Assoziationen. Ab 2006 wurde
dagegen neben der Rückständigkeit auch das Wirtschaftswachstum
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34 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Alltagsleben
(darunter Arbeit)
31%
19%
Situation
in Polen
4%
40%
20%
13%
9%
10%
Tourismus,
Kultur
40%
7%
12%
19%
6%
Charaktereigenschaften
1%
5%
15%
6%
12%
9%
10%
Geschichte
6%
Gegenseitige
Beziehungen
und Politik
25%
13%
12%
4%
4%
6%
8%
Religion
2%
Persönliche
Kontakte
7%
6%
4%
9%
Diagramm 4.
Was verbinden Sie
mit „Polen“ und „den
Polen“? Vergleich der
Assoziationsgruppen aus
den Jahren 2000, 2006,
2008 und 2013.
Sonstige
5%
1%
3%
0%
2013
20%
2008
2006
40%
2000
...
100%
gesehen. Dies zeigt, dass aktuelle Berichte zur wirtschaftlichen Situation
in Polen inzwischen auch in breiten Teilen der deutschen Gesellschaft
wahrgenommen werden, derweil die deutschen Eliten bereits vom guten
Zustand der Wirtschaft in Polen überzeugt sind. Das negative Stereotyp
von der „polnischen Wirtschaft“ greift hier somit nicht.
Ein deutlicher Rückgang in der Zahl der Assoziationen lässt sich in der
Kategorie „gegenseitige Beziehungen und Politik“ beobachten – von 24%
im Jahr 2008 auf 6% im Jahr 2013. In den Jahren 2006 und 2008 assoziierten
die Deutschen Polen größtenteils als Nachbarn an der östlichen Grenze
sowie 2008 mit der EU-Erweiterung. Heute spielen diese Assoziationen
kaum noch eine Rolle. Polen ist für die Deutschen eines der EU-Länder,
mit denen sie eine offene Grenze teilen. Auch „die deutsch-polnischen
Beziehungen“ (im Jahr 2008 mit dem Adjektiv „angespannt“ versehen) oder
die Brüder Kaczynski werden nicht mehr genannt, da die gegenseitigen
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Das Bild Polens und Russlands 35
politischen Beziehungen sich entschieden verbessert haben, und daran
wird weit seltener erinnert. Diese Veränderungen lassen sich ebenso
bei Fragen beobachten, die sich direkt auf politische Fragestellungen
beziehen. Die Entwicklung in dieser Gruppe spiegelt hervorragend die
Veränderungen wider, die in den gegenseitigen
Assoziationen der Deutschen
Beziehungen stattgefunden haben – heute werden mit der Geschichte spielen in
diese nicht mehr negativ assoziiert, und Polen tritt der Beziehung zu Polen eine
nicht mehr hauptsächlich als neues östliches EU- geringe Rolle.
Mitglied auf.
Ein Rückgang ist ebenso in der Gruppe der Assoziationen zu bemerken,
welche die Geschichte betrifft (6%). Die Deutschen verbinden Polen ebenso
stark mit der kommunistischen Zeit wie mit dem Zweiten Weltkrieg – diese
Tendenzen waren bereits früher erkennbar. Der allgemein zu verzeichnende
zahlenmäßig rückläufige Anteil an Assoziationen mit historischen Bezügen
zeigt einerseits eine positive Entwicklung – Polen wird nicht mehr mit der
Vergangenheit assoziiert, sondern auch mit gegenwärtigen Ereignissen
und Charaktereigenschaften. Dies deutet darauf hin, dass zunehmend
das gegenwärtige Geschehen, und nicht nur Fakten aus der Geschichte
Einfluss auf das Bild Polens in Deutschland haben. Andererseits zeigt der
geringe Anteil an Assoziationen mit dem Zweiten Weltkrieg, wie wenig
geschichtsbewusst die Haltung der Deutschen, vor allem der jüngsten
Generationen, ist. Diese Einstellung ist allerdings nicht nur für die deutschpolnischen Beziehungen typisch, sondern bezieht sich generell auf die
ebenso wenig von Geschichtsbewusstsein geprägte deutsche Perzeption
der internationalen Beziehungen.
Gestiegen sind dagegen die Assoziationen mit den
Charaktereigenschaften der Polen, wobei die Befragten sie einerseits
als „freundliche“, „gesellige“ und „hilfsbereite“ Menschen sowie
„gute Nachbarn“ ansehen (2008 wurden „Gastfreundschaft“ und
„Freundlichkeit“ genannt). Andererseits aber wird den Polen Faulheit
vorgeworfen. Allerdings überwiegen positive Charaktereigenschaften
in der Beschreibung der Polen. Diese Veränderung könnte mit der
größeren Zahl an persönlichen Kontakten zwischen Polen und Deutschen
zusammenhängen, besonders mit dem positiven Bild polnischer Arbeiter
in Deutschland.23
23 Mehr zum Thema: J. Frelak, A. Łada, Współpraca: B. Petrulewicz, Polacy nadchodzą!...Wreszcie!
Polska migracja zarobkowa do Niemiec – analiza w przededniu otwarcia niemieckiego rynku pracy
dla polskich obywateli, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2011 oraz Agnieszka Łada, Małgprzata
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2013-09-09 10:13:03
36 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Auf etwa gleichbleibendem Niveau bewegt sich seit Jahren die Anzahl
der Assoziationen mit Bezug zur Religion, vor allem mit dem Papst
Johannes Paul II. Seltener als 2008 werden hingegen persönliche Kontakte
erwähnt.
Alltagsleben, darunter
Arbeit (40%)
Tourismus, Kultur (20%)
Situation in Polen (7%)
Geschichte (6%)
Gegenseitige
Beziehungen und Politik
(6%)
Charaktereigenschaften
(6%)
Tabelle 3:
Assoziationsgruppen zu
„Polen“ und „den Polen“
Religion (4%)
Persönliche Kontakte
(2%)
Sonstige (9%)
Autodiebstahl (7%), Diebstahl / Diebe (5%), Kriminalität
(2,5%), Tierquäler (1%), Korruption (0,5%),
billiges Einkaufen (4%), Polenmärkte (2,5%),
Niedriglohnland (2%), Saisonarbeiter aus Polen
(1%), viele arbeiten in Deutschland (1%), polnische
Pflegekräfte (1%), Zuwanderer (1%), Schwarzarbeit
(1%), Gute Arbeiter (1%), Arbeitslosigkeit (0,5%)
gute Sportler/Fußballspieler (2%),
schöne Frauen (1%),
schlechter Ruf (1%),
Zigaretten (1%), Alkohol (2%), Wodka (1%),
Sperrmüllsammler (0,5%)
Warschau (3%), Land an der Ostsee (3%), Masuren (1%),
Krakau (0,5%), Schlesien (0,5%), Danzig (0,5%),
schöne Landschaft (3%), schönes Land/ schöne Orte
(2%), billiger Urlaub (1%), Urlaubsland (1%),
gutes Essen (2%), fremde Sprache (1%), fremde Kultur
(1%), großes Land (0,5%)
Armut/ armes Land (3%), schlechte Wirtschaftslage
(1%), Unordnung (0,5%),
Wirtschaftswachstum (2%), Wirtschaftsaufschwung
(0,5%),
viel Landwirtschaft (0,5%)
Ostblockland (2%), Lech Wałęsa (0,5%), Solidarność
(0,5%),
Zweiter Weltkrieg (1%), Auschwitz (0,5%),
ehemalig deutsch (1%),
Geschichte allgemein (0,5%)
EU-Land (3%),
Grenzen/Offene Grenzen (1%),
Nachbarland (1%), gute Nachbarn (1%)
freundliche Menschen (3%), Gastfreundlichkeit (1%),
modern (0,5 %), gesellig (1%)
faule Menschen (0,5%)
Papst (3%), fromme Katholiken (1%)
komme selbst aus Polen/habe Familie, Freunde in
Polen (2%)
In der Tabelle werden die Anteile aller genannten Assoziationen dargestellt. Jeder Befragte konnte
maximal drei Assoziationen nennen.
Fałkowska-Warska (Mitarbeit), Das Erscheinungsbild der polnischen Erwerbsmigration nach Deutschland im Spiegel der polnischen und deutschen Presse, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa
2012.
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2013-09-09 10:13:03
Das Bild Polens und Russlands 37
In der Gesamtschau aller Assoziationsgruppen fallen solche
Assoziationen auf, die sich gegenseitig widersprechen. So ist Polen
einerseits ein Land der Armut und in schlechtem wirtschaftlichen
Zustand, andererseits ein modernes Land mit prosperierender Wirtschaft.
Die deutsche Bevölkerung hat kein einheitliches Bild von Polen; sie ist
diesbezüglich gespalten. Das zeigt, welche bedeutende Rolle den Eliten
beider Länder zukommt, damit fundierte Informationen an eine möglichst
breite Zielgruppe gelangen.
Ebenso sieht man bei der Aufteilung der Assoziationen nach ihrer
Wertung, dass das deutsche Bild von Polen sehr vielfältig ist. Die Anteile
der Antworten mit positiver, negativer bzw. neutraler Aussage sind sehr
ähnlich. An erster Stelle stehen mit 37% die positiven Assoziationen.
Kaum 2 Prozentpunkte weniger umfasst die Gruppe der negativen
Assoziationen, was mit der großen Anzahl an Antworten zusammenhängt,
in der die Polen als Diebe (vor allem von Autos) gesehen werden. Unter den
Antworten der Befragten kann man 28% als neutral einordnen.
Negative
35 %
Neutrale
28%
Positive
37%
Diagramm 5:
Was fällt Ihnen ein, wenn
Sie die Begriffe „Polen“
oder „die Polen“ hören?
Vergleich der Assoziationen
unterteilt nach ihrer
Wertung
Mit Bezug auf Russland und die Russen betreffen die meisten
Assoziationen – ähnlich wie bei „Polen“ und „den Polen“ – das
Alltagsleben. Sie stellen ein Viertel (24%) aller Assoziationen. In dieser
Kategorie dominieren deutlich die negativen Assoziationen. Die häufigste
Assoziation – sowohl in der Kategorie „Alltagsleben“ als auch bei den
Gesamtantworten – betrifft den Alkoholkonsum (16%). Die Befragten
betonen ebenfalls die Korruption in Russland, Probleme mit der
Kriminalität und der Gewalt. Gleich hinter dieser Gruppe, auf dem zweiten
Platz, stehen die Assoziationen zu den gegenseitigen Beziehungen und
der Politik (23% aller Assoziationen). Am häufigsten hierbei genannt wird
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38 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
die Person Wladimir Putins . Ein Großteil der politischen Assoziationen
in dieser Kategorie hat einen entschieden negativen Klang. Die
Befragten geben die Diktatur, die Unterdrückung, die Missachtung der
Menschenrechte, mangelnde Demokratie sowie den schlechten Ruf des
russischen Staates an. In den übrigen Antworten assoziieren die Befragten
mit Russland den Kreml und unterstreichen die Macht des russischen
Staates in den internationalen Beziehungen sowie die Tatsache, dass die
Erdölvorkommen ein grundlegendes Element russischer Politik darstellen.
Den folgenden Platz nehmen Assoziationen zu Tourismus und Kultur
ein. Sie machen 22% aller Antworten aus. Einen wichtigen Platz nimmt in
diesem Zusammenhang die Vorstellung von Russland als einem weiten
und kalten Land ein („Kälte“, „Sibirien“, „Pelz“/“Pelzmützen“). Andere
Assoziationen zum Tourismus sind „Moskau“ und „Sankt Petersburg“ wie
auch allgemeine Vorstellungen von „schönen Orten“ und „schöner Natur“.
Ein Zehntel (10%) aller Assoziationen bezieht sich auf die Situation
innerhalb Russlands. In dieser Gruppe sind, häufiger noch als im Fall
Polens, eine Vielzahl verschiedenartiger Antworten der Befragten zu
verzeichnen. Die Deutschen betonen, dass Russland ein armens Land ist,
in dem jedoch viele Millionäre leben. Zudem assoziieren die Befragten
Russland als einen Vielvölkerstaat, der reich an Rohstoffen ist.
Auf dem nächsten Platz folgen die Assoziationen betreffend die
Charaktereigenschaften (7%). Die Russen sind, laut den befragten
Deutschen, „freundlich“, „gesellig“, „gastfreundlich“ und „hilfsbereit“,
obwohl sie sich durchaus auch „laut“und „arrogant“ verhalten können.
Ähnlich wie im Fall Polens betreffen 6% der Assoziationen die
Geschichte. An erster Stelle steht der Krieg, danach folgt die Person
Michail Gorbatschows. Die Befragten nennen auch die „ehemalige
Sowjetunion“, den „Eisernen Vorhang“ sowie die Personen „Lenin“ und
„Stalin“.
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Das Bild Polens und Russlands 39
Alltagsleben, darunter
Arbeit (24%)
Gegenseitige
Beziehungen und Politik
(23%)
Tourismus, Kultur (22%)
Situation in Russland
(10%)
Charaktereigenschaften
(7%)
Geschichte (6%)
Wodka (12), Alkohol/ trinken viel Alkohol (4%),
Korruption (4%), Kriminalität (1,5%), Gewalt (1%),
Mafia (1%),
schöne Frauen (0,5%)
Putin (5%), Diktatur (3%), Kreml (2%), Unterdrückung
(2%), Macht (1,5%), Menschenrechtsverletzungen (1%),
keine Demokratie (1%), politisch schwierig / Unruhen
(1%), Weltmacht (0,5%), Pussy Riot (0,5%), Verurteilung
der Mädchengruppe (0,5%),
Erdgas/ Erdgaslieferungen (2%), Ölvorkommen (1%),
Kommunismus (1%),
schlechter Ruf (1%), fremde Sprache (0,5%)
Kaviar (0,5%), gute Küche (0,5%), Krimsekt (0,5%),
Moskau (3%), Roter Platz (0,5%), St. Petersburg (0,5%),
Wolga (0,5%),
Kälte/ kaltes Land (5%), Sibirien (1,5%), Pelz/
Pelzmützen (0,5%),
Kultur (1,5%), Musik (0,5%),
weites Land (5,5%), schönes Land/ schöne Orte /
Sehenswürdigkeiten (0,5%),
schöne Natur (0,5%),
Transsibirische Eisenbahn (0,5%)
armes Land (3)%, Geld/ Reichtum/ viele Reiche (3%),
Armut und Reichtum (2%), reich an Bodenschätzen/
Rohstoffe (1%), viele Millionäre (0,5%), viele Völker
(0,5%)
laute Menschen (2%), arrogant (0,5%),
freundliche Menschen (2%), gesellig (1%),
hilfsbereit(1%), Gastfreundlichkeit (0,5%)
Krieg (2%), Gorbatschow (1,5%), Stalin (0,5%), Lenin
(0,5%), ehemalige Sowjetunion (0,5%), Eiserner
Vorhang (0,5%),
Zar (0,5%)
Sonstige (9%)
Tabelle 4:
Assoziationsgruppen zu
„Russland“ und „den
Russen“
In der Tabelle werden die Anteile aller genannten Assoziationen dargestellt. Jeder Befragte konnte
maximal drei Assoziationen nennen.
Unterscheidet man die Assoziationen zu Russland in „positive“,
„neutrale“ und „negative“, lässt sich feststellen, dass der überwiegende
Teil der Antworten zur letztgenannten Sparte zählt; über die Hälfte
aller Antworten (56%) sind negativ besetzt. Dies liegt vor allem in der
großen Beliebtheit des Wodkas als Hauptassoziation begründet, sowie
in zahlreichen negativen Assoziationen zur Politik.
Die Assoziationen der
Deutschen mit Russland sind
Antworten aus (30%), wohingegen positiv lediglich größtenteils negativ gefärbt.
Neutrale Assoziationen machen fast ein Drittel der
14% sind.
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40 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Positive
14%
Neutrale
30%
Diagramm 6:
Was fällt Ihnen ein, wenn
Sie die Begriffe „Russland”
oder „die Russen” hören?
Vergleich der Assoziationen
nach ihrer Wertung
Negative
56%
&'
( &')
#$%
!"
Diagramm 7:
Was fällt Ihnen ein,
wenn Sie die Begriffe
„Polen” oder „die
Polen”/„Russland” oder
„die Russen” hören?
Assoziationsgruppen im
Vergleich
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 40
2013-09-09 10:13:03
Das Bild Polens und Russlands 41
Die Bilder Polens und Russlands in der deutschen Gesellschaft
sind unterschiedlich, wie anhand der Ansichten der Befragten zu
beiden Ländern deutlich wird. Im Fall Russlands dominieren negative
Assoziationen verbunden mit dem politischen System, sowie ein
großer Anteil an Assoziationen betreffend den Alkoholkonsum in der
Bevölkerung. Assoziationen bezüglich Religion oder persönliche Kontakte
treten hingegen gar nicht auf. Letztere finden sich, wie auch die übrigen
Untersuchungsergebnisse zeigen, sogar äußerst selten.
Die Beurteilung der politischen Situation in Polen und Russland
Von den Assoziationen, die mit einem anderen Land, insbesondere
mit seiner Politik, verbunden werden, können die Urteile abweichen,
die sich Menschen über Maßnahmen der dortigen Regierung oder die
Prinzipien, die in dem gegebenen Land herrschen, gebildet haben. Im
Fall der Beurteilungen Polens und Russlands durch die Deutschen waren
sehr unterschiedliche Meinungen zu erwarten, die sich mindestens aus
den unterschiedlichen politischen Kulturen beider Länder oder aus der
Zugehörigkeit Polens zur Europäischen Union ergeben.
Wie sich nun aufgrund der Umfrage ergibt, liegen die Bewertungen
Polens mehr oder weniger in der Mitte – auf einer Skala von 1 bis
5 zwischen 2,3 und 3,4. Ermittelt man anhand der Antworten einen
Durchschnittswert, lässt sich zeigen, dass die Deutschen sehr gespalten
in ihren Ansichten sind. Im Fall der negativen Faktoren, wie etwa der
herrschenden Korruption (50%) oder der schwerfälligen Bürokratie (29%),
überwiegen Assoziationen, die das Vohandensein der oben erwähnten
Probleme bestätigen. Zugleich behaupten aber mehr Deutsche, dass
die polnische Wirtschaft sich gut entwickelt (40%), die Bürgerrechte
eingehalten werden (30%), und die Medien offen die Regierung kritisieren
dürfen (29%).
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42 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
14%
Es herrscht Korruption
Die Wirtschaft entwickelt
sich gut
8%
Ein parlamentarisches
Regierungssystem gilt, ebenso wie
in westeuropäischen Ländern
7%
Die Bürgerrechte werden 4%
eingehalten
Die Bürokratie erschwert die 5%
Erledigung der simpelsten
Angelegenheiten
Medien dürfen die Regierung 4%
kritisieren
36%
32%
32%
26%
4% 11%
31%
15%
3% 12%
19%
32%
19%
18%
39%
37%
20%
25%
28%
40%
4%
12% 1%
39%
Ausländer werden schlecht 2% 10%
behandelt
Diagramm 8:
Stimmen Sie der Aussage
zu, dass Polen ein Land ist,
in dem Folgendes gilt?
16%
40%
25%
0%
29%
35%
24%
Die Rechte nationaler und 2%
21%
ethnischer Minderheiten werden
respektiert
Es existiert eine gute 2% 14%
Arbeitsorganisation
5% 1% 14%
30%
60%
5%
3%
6%
9%
80%
12%
18%
15%
17%
14%
14%
100%
Ich stimme voll zu
Ich stimme nicht zu
Ich stimme zu
Ich stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu
Ich stimme überhaupt nicht zu
Schwer zu sagen
In Bezug auf die Bewertung des polnischen Staates lassen sich in
der deutschen Gesellschaft in den letzten Jahren keine bedeutenden
Veränderungen feststellen. Die Ansichten bezüglich herrschender
Korruption und Bürokratie bleiben auf einem vergleichsweise hohen
Niveau. Auch der Anteil positiver Einschätzungen betreffend den Zustand
des politischen Systems, der Einhaltung der Bürgerrechte sowie der
Rechte nationaler Minderheiten oder zur vorhandenen parlamentarischen
Demokratie unterlag jüngst keinen Schwankungen.
Mit Blick auf die Bewertung
des polnischen Staates
zeigen sich in der deutschen
Gesellschaft in den letzten
Jahren keine bedeutenden
Veränderungen.
Dass die positive Meinung der Deutschen auf
einem vergleichsweise niedrigen Niveau bleibt,
bekümmert. Diese Eigenschaften sind typische
Zeichen eines gesunden demokratischen Systems.
Die mangelnde Wahrnehmung der Veränderungen
in Polen zeugt davon, dass die Deutschen Polen
nach wie vor auf der Grundlage ausgeprägter Stereotype sehen, ihre
Überzeugungen, die sich über viele Jahre hinweg herausgebildet haben,
noch nicht revidiert haben und nicht über ausreichend vorhandenes
Wissen verfügen.
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2013-09-09 10:13:04
Das Bild Polens und Russlands 43
Zugenommen hat hingegen der Anteil positiver Beurteilungen der
wirtschaftlichen Entwicklung Polens. In diesem Fall zeichnen sich in
breiten Teilen der deutschen Bevölkerung ähnliche Tendenzen ab wie in
Reihen der deutschen Eliten, die in den letzten Jahren den Zustand der
polnischen Wirtschaft loben. Mit Sicherheit sind hier weitere Maßnahmen
angebracht, in Deutschland Informationen zu diesem Thema zu
verbreiten, da Wirtschaftsfragen in der Bundesrepublik mit besonderem
Interesse thematisiert werden. Die guten Ergebnisse erfreuen jedoch.
Um so mehr bleibt zu wünschen, dass die Anerkennung für die gute
Arbeitsorganisation in Polen schneller wächst als bisher. Die niedrigen
Werte legen nahe, dass positive Medienberichte über die hervorragende
Organisation der EURO 2012 nicht ins Bewusstsein der breiten deutschen
Öffentlichkeit vorgedrungen sind. Diese These findet sich auch dadurch
bestätigt, dass diesbezügliche Assoziationen anlässlich der offenen Frage
nicht genannt wurden.
Aus Perspektive der deutsch-polnischen Beziehungen ist auch die
Antwort auf die Frage wichtig, ob die Rechte nationaler Minderheiten
respektiert werden. Die größte Gruppe der Befragten kann dies nicht
beurteilen. Überzeugt von der Achtung dieser Rechte in Polen sind
23% der Deutschen, gegenteiliger Meinung sind 21%. Dabei fühlen
sich die nationalen Minderheiten in Polen nicht diskriminiert. Nach
Untersuchungsergebnissen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten
aus dem Jahr 2012 fühlten sich drei Viertel der Litauer, die in Polen leben,
weder persönlich aufgrund ihrer Nationalität diskriminiert, noch konnten
sie von Fällen solcher Art in Reihen ihrer nächsten Angehörigen und
Verwandten berichten.24 Auch eine Mehrheit der Befragten der deutschen
Minderheit (43%) befand, dass ihre Rechte genügend geachtet werden;
gegenteiliger Meinung waren 29%.25
Hingegen sind immer weniger Deutsche überzeugt, dass Ausländer in
Polen schlecht behandelt werden. Der Anteil derartiger Antworten, der nie
besonders hoch war, ist rückläufig. Möglicherweise haben dazu positive
persönliche Erfahrungen und Medienberichte über die Gastfreundlichkeit
24 Aleksander Fuksiewicz, Jacek Kucharczyk, Agnieszka Łada, Obok siebie. Wzajemne postrzeganie się Polaków i Litwinów, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2013.
25 Niemcy w województwie opolskim w 2010 roku. Pytania i odpowiedzi. Badania socjologiczne
członków Towarzystwa Społeczno-Kulturalnego Niemców na Śląsku Opolskim“, Dom Wspólpracy Polsko-Niemieckiej, Gliwice-Opole 2011, S. 49.
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44 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
der Polen während der Fußballeuropameisterschaft im Jahr 2012
beigetragen.
Mindestens ein Drittel der Deutschen kann zu gegebenen Aussagen
keine Stellung beziehen, und weitere 11% bis 18% wählten die Antwort
„schwer zu sagen”. Dies zeigt ganz konkret das mangelnde Wissen über
die politische Situation in Polen. Auch die negativen Antworten zeugen
teilweise von einem hohen Grad an Unkenntnis – wie zum Beispiel im
Fall der Einschätzung, ob in Polen eine parlamentarische Demokratie wie
in anderen westeuropäischen Ländern herrscht. Die Verneinung dieser
Aussage lässt einen Mangel an allgemeiner Schulbildung zu diesem
Thema vermuten, aber auch existierende Stereotype erkennen, laut derer
Polen sich nicht auf demselben politischen Entwicklungsniveau befindet
wie westliche Mitgliedstaaten der EU.
Positiver wird Polen von Personen gesehen, die das Land bereits
besucht haben – größtenteils stimmen sie den Aussagen zu, dass Polen
ein ähnlich demokratisches System besitzt wie westliche Länder, dass
die Bürgerrechte eingehalten werden, die Medien die Regierung offen
kritisieren dürfen, eine gute Arbeitsorganisation existiert, die Wirtschaft
sich gut entwickelt, nationale und ethnische Minderheiten respektiert
werden. Hingegen sind sie seltener der Meinung, dass Ausländer schlecht
behandelt werden. Ebenso verbessert beinahe in jedem Fall der Kontakt
zu Polen, die in Deutschland leben, das Bild von Polen.26 Dies zeigt, wie
wichtig persönliche Kontakte mit Vertretern des betreffenden Landes für
die Verbesserung seines Bildes sind. Dagegen lassen sich die Antworten
der Deutschen zur Situation innerhalb Polens nicht hinsichtlich des
Alters der Befragten differenzieren. Lediglich bei
Deutsche, die Polen besucht
bzw. Kontakte zu Polen
in Deutschland haben,
verfügen über ein besseres
Bild der politischen und
wirtschaftlichen Situation in
Polen.
Fragen zur Entwicklung der Wirtschaft und zur
guten Arbeitsorganisation stößt man seltener auf
Zustimmung bei jüngeren Befragten. Diese Tatsache
ist besonders beunruhigend, da eben diese Personen
in den kommenden Jahren potentielle Partner –
auch Wirtschaftspartner – der Polen darstellen
werden.
Zwischen Bürgern der östlichen und der westlichen Bundesländer
sind grundlegende Unterschiede festzustellen. Personen aus dem
26 Bis auf zwei Aussagen: „Polen ist ein Land, in dem die Bürokratie die Erledigung der simpelsten
Angelegenheiten erschwert“ und „Polen ist ein Land, in dem die Medien offen die Regierung kritisieren dürfen“, bei denen die Unterschiede statistisch nicht relevant sind.
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Das Bild Polens und Russlands 45
50%
53%
47%
51%
Es herrscht Korruption
33%
36%
Die Wirtschaft entwickelt sich gut
20%
40%
39%
38%
38%
Ein parlamentarisches
Regierungssystem gilt, ebenso wie
in westeuropäischen Ländern
32%
30%
30%
29%
29%
Die Bürgerrechte werden
eingehalten
29%
Medien dürfen die Regierung
kritisieren
29%
30%
29%
26%
Die Bürokratie erschwert die
Erledigung der simpelsten
Angelegenheiten
23%
22%
24%
Die Rechte nationaler und
ethnischer Minderheiten werden
respektiert
16%
12%
Es existiert eine gute
Arbeitsorganisation
20%
11%
12%
16%
13%
16%
Ausländer werden schlecht
behandelt
0%
2013
20%
2008
2006
40%
2000
Westen bewerten sowohl die polnische Demokratie, die Achtung der
...
100%
Diagramm 9:
Stimmen Sie der Aussage
zu, dass Polen ein Land
ist, in dem Folgendes gilt?
Vergleich der Antworten
aus den Jahren 2000,
2006, 2008 und 2013
Bürgerrechte, die Arbeitsorganisation wie auch die Freiheit der Medien
in Polen schlechter.
Positiver fällt hingegen das Polenbild im Vergleich zur Beurteilung
der Situation in Russland aus. Nach Meinung von 82% der Befragten
herrscht in Russland Korruption, und fast zwei
Drittel (62%) glauben, dass die russische Bürokratie
die Erledigung der simpelsten Angelegenheiten
Ostdeutsche bewerten Polen
positiver.
erschwert. Nur 9% der Beftragten sind der Ansicht, dass Russland eine mit
westeuropäischen Staaten vergleichbare parlamentarische Demokratie
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46 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
besitzt, wie auch dass dort eine gute Arbeitsorganisation herrscht. Noch
weniger Personen glauben, dass in Russland die Bürgerrechte geachtet
werden oder die Medien dort offen die Regierung kritisieren dürfen (5%
in beiden Fällen).
Die deutschen Befragten beurteilen auch das Verhältnis der Russen
zu Ausländern sowie zu ethnischen und nationalen Minderheiten negativ.
Fast ein Drittel (30%) der Befragten ist der Ansicht, dass Ausländer in
Russland schlecht behandelt werden. Noch schlechter ist nach Meinung
der Befragten die Lage für nationale Minderheiten. Nur 6% glauben, dass
deren Rechte respektiert werden; 65% der Befragten sind gegenteiliger
Ansicht.
Jeder dritte Deutsche (34%) glaubt, dass die russische Wirtschaft
sich gut entwickelt. Diese Überzeugung ist sicherlich eine Folge der
steigenden Handelsbilanzen zwischen Deutschland und Russland (80 Mrd.
Euro im Jahr 2012 gegenüber 75 Mrd. Euro im Jahr 2011), besonders des
wachsenden Exports deutscher Güter, worüber häufig in den deutschen
Medien berichtet wird.
Ähnlich wie bei der Bewertung der Situation in Polen, zeigen sich
auch im Fall Russlands nur geringe Unterschiede anhand der Antworten
im Vergleich unterschiedlicher Altersgruppen. Lediglich bei der Antwort
auf die Frage, ob Russland ein Land ist, in dem die Bürokratie die
Erledigung der simpelsten Angelegenheiten erschwert, ist zu beobachten,
dass häufiger jüngere als ältere Personen dieser Aussage nicht
zustimmen. Ähnlich wie im Fall Polens bewerten Bürger der westlichen
Bundesländer die russische Demokratie, die Achtung der Bürgerrechte, die
Arbeitsorganisation und die Freiheit der Medien schlechter als befragte
Bundesbürger aus dem Osten. Hingegen bringt der Kontakt mit russischen
Bekannten, die in Deutschland leben, kaum eine Veränderung des
Russlandbildes mit sich – mit Ausnahme der Aussage zur herrschenden
Korruption: der Kontakt mit Russen in Deutschland schwächt leicht
die Zustimmung zu dieser Aussage. Allerdings können keine statistisch
grundlegenden Unterschiede festgestellt werden zwischen solchen
Personen, die das Land besucht haben, und denen, die dort nie gewesen
sind.
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Das Bild Polens und Russlands 47
50%
8% 3% 1%7%
31%
Es herrscht Korruption
Die Bürokratie erschwert die
Erledigung der simpelsten
Angelegenheiten
Die Wirtschaft entwickelt
sich gut
Ausländer werden schlecht
behandelt
26%
3%
8%
Ein parlamentarisches 2% 7%
Regierungssystem gilt, ebenso wie
in westeuropäischen Ländern
1% 8%
Es existiert eine gute
Arbeitsorganisation
Die Rechte nationaler und 1% 5%
ethnischer Minderheiten werden
respektiert
Die Bürgerrechte werden
eingehalten
Medien dürfen die Regierung
kritisieren
36%
31%
37%
22%
45%
20%
15%
35%
12%
8%
30%
8%
37%
32%
20%
8%
29%
36%
1% 4% 13%
5% 7%
11% 2% 12%
29%
22%
1% 3% 15%
0%
17%
34%
35%
5% 1% 10%
22%
6%
44%
40%
60%
Ich stimme voll zu
Ich stimme nicht zu
Ich stimme zu
Ich stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu
Ich stimme überhaupt nicht zu
Schwer zu sagen
80%
100%
Diagramm 10:
Stimmen Sie der Aussage
zu, dass Russland ein Land
ist, in dem Folgendes gilt?
Im Rahmen der Untersuchungen zur Wahrnehmung Polens
in Deutschland im Jahr 2006 hatte das Institut für Öffentliche
Angelegenheiten nur einige wenige Fragen zu Russland gestellt. Damals
waren 12% der Befragten überzeugt von der Achtung der Bürgerrechte
in Russland (im Vergleich mit Ergebnissen von 2013 sind es heute um 8
Prozentpunkte weniger), von der Anerkennung der Rechte nationaler
und ethnischer Minderheiten waren 13% überzeugt (heute um 7
Prozentpunkte weniger) und die Existenz eines demokratischen Systems
bejahten 20% (heute um 11 Prozentpunkte weniger). Diese Zahlen zeigen
sehr anschaulich, wie sehr sich das Russlandbild in Deutschland im
Verlauf der letzten Jahre verschlechtert hat.
Vergleicht man hingegen die im Jahr 2013 gegebenen Antworten mit
den von Meinungsumfragen des Deutsch-Russischen Forums von 2008,
sind gewisse ähnliche Tendenzen zu beobachten. Unter den befragten
Deutschen äußerten damals 80%, dass es in Das Russlandbild in
Russland viel Korruption gibt, 67% behaupteten, Deutschland hat sich in den
dass die Menschenrechte nicht geachtet werden, letzten Jahren verschlechtert.
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48 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
und 36% waren der Ansicht, dass der Zustand der russischen Wirtschaft
schlecht ist. Mit Blick auf die abweichende Formulierung und die andere
Art der Fragestellung ist eine genaue Rückverfolgung der Veränderungen
allerdings unmöglich.
Vergleicht man die Ansichten der Befragten
Die Deutschen schätzen die
politische Situation in Polen zur Situation in Polen und in Russland, so ist zu
positiver ein als in Russland. erkennen, dass die Mehrheit der Befragten die
Lage in Polen deutlich vorteilhafter einschätzt,
vor allem in solchen Fragen wie der Wahrung von Bürgerrechten, des
Funktionierens der Demokratie sowie der Freiheit der Medien. Dennoch
kann man auch auf zwei Aspekte hinweisen, bei denen nach Meinung
der Befragten keine großen Unterschiede zwischen Polen und Russland
bestehen. Zum einen handelt es sich dabei um die Beurteilung der
wirtschaftlichen Entwicklung, zum anderen um die Frage nach der
Arbeitsorganisation im Land. In beiden Fällen wird aber Polen im Vergleich
zu seinem östlichen Nachbarn noch immer besser bewertet. Zudem ist
Diagramm 11:
Stimmen Sie der Aussage
zu, dass Polen/Russland
ein Land ist, in dem
Folgendes gilt? Vergleich
der Durchschnittswerte
die Gruppe, die der Aussage zustimmt, Polen entwickle sich wirtschaftlich
gut, größer als die derjenigen, welche keine klare Antwort geben können.
Russland betreffend überwiegt im Vergleich hierzu die Gruppe derer, die
keine klare Meinung zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes äußern.
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DIE BEWERTUNG DER POLNISCHEN UND RUSSISCHEN WIRTSCHAFT
Von grundlegender Bedeutung für die Einschätzung des Zustandes
eines anderen Landes ist die Frage, welches Ansehen die dortige
Wirtschaft genießt. Neben der Übereinstimmung mit der Aussage, dass
sie sich gut entwickelt, ist die Wahrnehmung von Handelsbeziehungen
oder von der Qualität der Waren entscheidend. Was die Bewertung der
polnischen Wirtschaft anbelangt, so zeigen Fakten zu den wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, dass diese sich günstig
entwickeln. Die am stärksten interessierten Personengruppen –
Unternehmer und Wirtschaftsexperten – äußerten sich hierzu in den
letzten Jahren sehr positiv. Die gesellschaftliche Meinung spiegelt diesen
Eindruck in hohem Maße wider. Positive Antworten auf die Frage nach
deutschen Investitionen in Polen überwogen negative oder skeptische
Kommentare bei Weitem.
Die Beurteilung der Investitionen
Die Hälfte der Deutschen stimmt der Aussage zu, dass deutsche
Firmen in den letzten fünf Jahren viel in Polen investiert haben, und dass
die Zahl dieser Investitionen gestiegen ist, was statistische Angaben
bestätigen. Ein großer Anteil (38%) glaubt auch, dass es profitabel ist, in
Polen zu investieren. Diese Aussagen entsprechen
den Ansichten der Unternehmer. Andersgläubige
Die Deutschen beurteilen
Investitionen in Polen positiv.
sind entschieden in der Minderheit (4% bis 13%).
Teilnehmer der Umfrage aus Ostdeutschland stimmen mehrheitlich
der o.g. Aussage zur Höhe der deutschen Investitionen in Polen, ihrem
Anstieg sowie ihrer Profitabilität zu. Entsprechend häufig positiv äußern
sich Personen, die bereits in Polen waren.
Wie gut das Bild des Landes tatsächlich ist, findet man bestätigt, wenn
man die aufgeführten Ergebnisse mit Antworten von Bürgern aus einem
anderen westeuropäischen Land, den Niederlanden, vergleicht, in dem das
Institut für Öffentliche Angelegenheiten kürzlich Umfragen durchgeführt
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50 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
7%
31%
10% 3% 15%
34%
In Polen zu investieren
ist profitabel
Deutsche Investitionen
in Polen sind in den letzten
fünf Jahren angestiegen
Deutsche Firmen haben
in den vergangenen fünf
Jahren viel in Polen
investiert
11%
39%
29%
3%1% 17%
12%
38%
28%
4%1% 17%
0%
Diagram 12:
Stimmen Sie den
folgenden Aussagen
bezüglich Polen zu?
20%
40%
60%
80%
100%
Ich stimme voll zu
Ich stimme nicht zu
Ich stimme zu
Ich stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu
Ich stimme überhaupt nicht zu
Schwer zu sagen
hat. Die Niederländer, Ende des Jahres 2012 zu Polen befragt27, wussten
zu großen Teilen nichts zu antworten und wählten die Option „schwer
zu sagen“ (etwa 42-43% aller Antworten), was von einem geringen Wissen
über Polen und polnisch-niederländische Wirtschaftskontakte zeugt.28
In Deutschland ist dieses Bewusstsein hingegen sehr stark ausgeprägt,
weshalb der Anteil vergleichbar unwissender Aussagen lediglich 15% bis
18% betrug. Gleichzeitig äußerten sich mehr Befragte in Deutschland als
in den Niederlanden positiv – durchschnittlich sind es zwischen 11 und
18 Prozentpunkten mehr. Ähnlich wie in Deutschland überwiegen bei
den Umfragen in den Niederlanden Antworten, die von der Profitabilität
niederländischer Investitionen in Polen sowie vom Anstieg dortiger
niederländischer Investitionen ausgehen.
27 2012 befasste sich das Institut für Öffentliche Angelegenheiten mit dem Bild der Polen in Holland. Diese Untersuchungen standen im Zusammenhang mit der damaligen intensiven Debatte um
die polnische Migration in dieses Land. In den Jahren 2000-2011 befanden sich die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder in einer dynamischen Entwicklung. Der Wert der polnischen Exporte nach
Holland stieg im Jahr 2011 im Verhältnis zum Jahr 2000 um das dreieinhalbfache an und betrug
5.968 Mio. Euro.
28 Die befragten Niederländer wurden, ähnlich wie die Deutschen, gebeten, folgende Aussagen zu
kommentieren: 1) „In Polen zu investieren ist profitabel“, Antworten: 27,3% ich stimme zu; 22,5% ich
stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu, 43% schwer zu sagen; 2) „Niederländische Investitionen
in Polen sind in den letzten fünf Jahren angestiegen“, Antworten: 31,7% ich stimme zu; 20% ich stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu; 43,1% schwer zu sagen; 3) „Niederländische Firmen haben
in den letzten Jahren viel in Polen investiert“, Antworten: 32,5% ich stimme zu; 18,8% ich stimme
weder zu, noch stimme ich nicht zu; 41,6% schwer zu sagen.
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Die Bewertung der polnischen und russischen Wirtschaft 51
Auch Investitionen in Russland werden von den Deutschen
als profitabel und wachstumsfähig angesehen, allerdings fallen
die Bewertungen gewöhnlich schlechter aus als Ansichten zu
Wirtschaftsbeziehungen mit Polen. Von der Profitabilität der Investitionen
in Russland ist ein Drittel der Deutschen überzeugt, und an deren Anstieg
glauben 39% der Befragten. Fast eine Hälfte der Teilnehmer der Umfrage
findet, dass deutsche Firmen in letzter Zeit viel in Russland investiert
haben (45%). Ebenfalls größer im Fall Polens ist der Anteil an negativen
Ansichten – dieser schwankt zwischen 8 und 16
Prozentpunkten, bei einem ähnlichen Anteil an Investitionen in Russland
Antworten „schwer zu sagen“. Die Antwort „weder werden von den Deutschen
noch“ wählte in beiden Fällen etwa ein Drittel der
Deutschen. Eine positive Einstellung zu deutschen
Investitionen in Russland haben Deutsche, die das
Land besucht haben. Höchstwahrscheinlich folgt
ein solcher Unterschied aus der kleineren Anzahl
an Unentschlossenen unter denen, die schon in
als gleichermaßen profitabel
wie wachstumsfähig
betrachtet; verglichen mit
Umfrageergebnissen zu
Polen fallen die Bewertungen
zu Russland allerdings für
gewöhnlich schlechter aus.
Russland waren.
Nicht unbedeutend für einen Vergleich deutscher Investitionen
in Polen und in Russland sind die unterschiedlich gearteten
Handelsbeziehungen mit beiden Ländern sowie die Bedeutung, die
den Wirtschaftskontakten in Politik, Wirtschaftskreisen und Medien
zugeschrieben wird. In Polen investieren Tausende kleine und
mittelständische Unternehmen, große Betriebe stellen eine Ausnahme
dar (obwohl auch hierfür Beispiele existieren). In Russland hingegen
sind vor allem große Konzerne wirtschaftlich aktiv. Großunternehmen
dieser Art sind um die Unterstützung der deutschen Politik besorgt, was
naturgemäß auch die Aufmerksamkeit der Journalisten anzieht. Im Fall der
zahlreicheren, aber kleineren Unternehmen in Polen verhält es sich nicht
so. Zusätzlich sind die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen von
zahlreichen bedeutenden Unternehmerverbänden geprägt, die ein starkes
Lobbying zu eigenen Gunsten betreiben. In den Beziehungen zu Polen sind
solche Netzwerke nicht in diesem Maß entwickelt. Der deutsche politische
und wirtschaftliche Lobbyismus in Russland rührt daher, dass dort im
Vergleich zu Polen ein schlechteres Investitionsklima herrscht, welches
eine derartige Förderung notwendig macht. Folglich sind deutsche
Investitionen in Russland für den Durchschnittsbürger in Deutschland
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52 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
weit häufiger präsent als solche in Polen. Ungeachtet dessen übertreffen
die Umfragewerte zu Polen diejenigen zu Russland, was auf das große
Ansehen der polnischen Wirtschaft unter den Deutschen schließen lässt.
5%
12% 4%
35%
29%
15%
In Russland zu investieren
ist profitabel
Deutsche Investitionen
in Russland sind in den
letzten fünf Jahren
angestiegen
7%
Deutsche Firmen haben
in den vergangenen fünf
Jahren viel in Russland
investiert
7%
0%
Diagramm 13:
Stimmen Sie den
folgenden Aussagen
bezüglich Russland zu?
35%
32%
33%
35%
20%
40%
60%
7% 1%
7% 2%
80%
18%
16%
100%
Ich stimme voll zu
Ich stimme nicht zu
Ich stimme zu
Ich stimme weder zu, noch stimme ich nicht zu
Ich stimme überhaupt nicht zu
Schwer zu sagen
Die Bewertung der Warenqualität
Angesichts des bedeutenden polnischen Exports nach Deutschland
(11. Platz in der Rangliste aller Länder, die nach Deutschland exportieren
– 35,7 Mrd. Euro) müssten polnische Waren auf dem deutschen Markt
immer beliebter werden. Die Bewertung der Qualität von Waren ist ein
wichtiger Indikator dafür, wie eine Gesellschaft das Land sieht, aus dem
sie stammen. Wenn wir die Antworten der Befragten betrachten, zeigt sich
jedoch, dass für die meisten Deutschen (75%) die Information, dass eine
Ware aus Polen stammt, weder einen Anreiz zum Kauf der Ware bietet
noch sie davon abhält. Auffallend ist, dass unter den Befragten die Zahl
derer, die behaupten, eine solche Information halte sie vom Kauf der Ware
ab (13%), größer ist als die Zahl derer, die zum Kauf angeregt wird (9%).
Der russische Export nach Deutschland umfasste 2012 Waren im
Wert von 42,5 Mrd. Euro. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass der
Hauptanteil dessen (ca. 90%) aus exportierten Energierohstoffen besteht,
was die Wahrnehmung russischer Waren unter dem Gesichtspunkt der
Gas- und Öllieferungen maßgeblich beeinflussen kann. Ferner sind es
gerade die Industriegiganten – allen voran das Energieunternehmen
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Die Bewertung der polnischen und russischen Wirtschaft 53
Gazprom –, die für die breite Öffentlichkeit am sichtbarsten sind, nicht so
sehr die kleineren Unternehmer und ihre Waren.
Im Fall Russlands wird ähnlich wie in den Antworten zu Polen
die Meinung am häufigsten vertreten, dass die Information über das
Herkunftsland einer Ware weder zum Kauf anregt noch davon abhält
(67%). Entschieden häufiger allerdings als im Fall Polens führt das Wissen
um die russische Herkunft einer Ware dazu, dass vom Kauf Abstand
genommen wird (24%). Nur 6% der Befragten hingegen fühlen sich durch
eine solche Information eher zum Kauf animiert.
Das deutliche Übergewicht der Aussagen, dass die Herkunft eines
Produkts aus Polen weder einen Anreiz zum Kauf bietet noch vom Kauf
abhält, ist nicht nur für Deutschland typisch. Eine ähnliche Verteilung der
Antworten zeigt sich in Russland oder in den Niederlanden. Die meisten
neutralen Antworten gaben die Niederländer (81%). Die größte Anzahl an
Befragten, die polnische Ware wertschätzen, findet sich in Russland (20%);
am meisten an polnischen Waren desinteressierte Personen finden sich
in Deutschland (13%).
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Diagramm 14:
Bietet die Information,
dass eine Ware aus Polen/
Russland stammt, für Sie
einen besonderen Anreiz
zum Kauf, oder hält sie Sie
eher davon ab?
Polnische Waren werden entschieden besser bewertet von Personen,
die schon in Polen waren. Nur 6% aller deutschen Befragten, die nie dort
waren, fühlen sich durch die Information, dass es sich um ein polnisches
Produkt handelt, zum Kauf ermuntert. Dieser Anteil steigt auf 17% bei
Personen, die einmal in Polen waren, und auf 21% bei Umfrageteilnehmern
mit mehrmaligem Aufenthalt jenseits der Oder. Unter den Befragten, die
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54 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
regelmäßig nach Polen reisen (einmal oder mehrmals im Jahr), fühlen sich
29% der Befragten angesprochen.
Im Fall Russlands steigt der Anteil der Antworten „bietet Anreiz zum
Kauf“ von 5% (bei Personen, die nie in Russland waren) bis auf ein Fünftel
(21%) bei denen, die bereits nach dem Zerfall der UdSSR in Russland waren.
Im Fall von Waren aus Polen lässt sich zudem ein Unterschied
bezüglich der Antworten anknüpfend daran feststellen, ob die befragten
Deutschen aus den westlichen und östlichen Bundesländern stammen.
Letztere beurteilen polnische Güter besser. Schlechter eingestellt sind
darüber hinaus jüngere Befragte.
Trotz aller Unterschiede, die zwischen den Umfrageteilnehmern im
Hinblick auf ihren Wohnort oder die Häufigkeit ihres Besuchs in Polen
oder Russland zu verzeichnen sind, sollte man jedoch berücksichtigen,
dass sich bezüglich beider Länder die überwältigende Mehrheit jeweils
für die Antwort „Bietet weder Anreiz zum Kauf, noch hält vom Kauf ab“
entschieden hat. Im Fall Polens waren dies mindestens 70%, im Fall
Russlands 60% der Befragten.
In den letzten Jahren hat sich das Image polnischer Produkte in
Deutschland nicht wesentlich verbessert. Nur wenige Befragte mehr als
im Jahr 2006 finden, dass die polnische Herkunft der Ware einen Anreiz
zum Kauf bietet. Allerdings sind zugleich die Anteile derjenigen, die
finden, dass dies keinen Anreiz darstellt, wie auch derer, die nicht auf die
Frage antworten können, zurückgegangen.
100%
11%
80%
3%
13%
18%
Schwer zu sagen
60%
Hält vom Kauf ab
75%
40%
Diagramm 15:
Bietet die Information,
dass eine Ware aus Polen
stammt, für Sie einen
besonderen Anreiz zum
Kauf, oder hält sie Sie eher
davon ab? Vergleich der
Antworten aus den Jahren
2006 und 2013.
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Weder noch
66%
Bietet Anreiz zum
Kauf
20%
0%
5%
9%
2006
2013
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DIE BEZIEHUNG ZU POLEN UND RUSSEN
Das Bild eines Landes ist eng verbunden mit der Beurteilung seiner
Gesellschaft. Das Verhältnis zur Gesellschaft des anderen Landes wird
unter anderem durch Empfindungen deutlich, welche dieser in Gänze
entgegen gebracht werden, aber auch durch den Grad an Akzeptanz
gegenüber deren Mitgliedern in unterschiedlichen gesellschaftlichen
Rollen oder in Charaktereigenschaften, die Bürgern dieses Landes
zugeschrieben werden.
Unter sieben Bevölkerungsgruppen, nach denen in der vorliegenden
Erhebung gefragt wurde, empfinden die Deutschen am meisten
Sympathie gegenüber den Niederländern (55%) und Franzosen (50%), in
weiterer Reihenfolge stehen Amerikaner (43%) und Briten (37%). Für die
Polen empfinden etwas mehr als ein Viertel der Deutschen Sympathie,
womit sie den sechsten Platz, den vorletzten vor den Russen (15%),
belegen, aber hinter den Griechen (34%) liegen, deren Bild in Deutschland
in den letzten Monaten im Zuge der Finanzkrise entschieden negativ
konnotiert war. Der Anteil positiver Empfindungen
Ein Viertel der Deutschen
gegenüber den Polen (28%) ist jedoch fast identisch bekundet Sympathie
mit dem Anteil negativer Einstellungen ihnen gegenüber den Polen, womit
gegenüber (27%) und geringer als der Anteil sie den vorletzten Platz
neutraler Äußerungen (38%). Gegenüber den Russen unter sieben Nationen – vor
überwiegen deutlich negative Gefühle, wie fast die den Russen, aber hinter den
Hälfte der Befragten (49%) angibt.
Griechen – einnehmen.
Analysiert man das Verhältnis positiver und negativer Antworten
in Bezug auf die einzelnen Nationen, lässt sich durch die Auszählung
des „Sympathiemittelwertes“ beurteilen, dass die Deutschen – ohne
Aufteilung auf die diversen Bundesländer – am positivsten gegenüber
Vertretern ihrer westlichen Nachbarn, also gegenüber Niederländern
und Franzosen (Mittelwerte 2,3 bzw. 2,5), eingestellt sind. Amerikaner und
Briten stellen die nächstfolgende Gruppe – ihre Mittelwerte betragen 2,6
bzw. 2,7 Punkte. In Bezug auf die Griechen und Polen finden sich recht
ähnliche Werte im mittleren Bereich der Skala (je 2,9 bzw. 3,0 Punkte). Vor
diesem Hintergrund sticht der mittlere Sympathiewert gegenüber Russen
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2013-09-09 10:13:04
56 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Diagramm 16:
Wie ist Ihr Verhältnis zu
den folgenden Nationen?
– Anteil der Antworten
„Symphatie”
!!
hervor, der durch mehr negative als positive Bewertungen zustande
kommt.
Die guten Ergebnisse gegenüber Niederländern und Franzosen kann
man mit den seit Jahrzehnten andauernden Annäherungsprozessen
zwischen Deutschland und diesen Gesellschaften sowie mit der
Zughörigkeit zum gleichen Kulturkreis erklären. Der Aufbau guter
Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich begann bereits
in den Fünfzigerjahren und die Annäherung an die Niederlande in den
Siebzigerjahren. Viel Geld und Mühe wurde in diese Prozesse investiert.
Mit Polen und Russland wurden erst nach dem Zerfall des sozialistischen
Systems in größerem Umfang Maßnahmen zur Einigung ergriffen, und
diese Prozesse dauern noch immer an. Dennoch kann man in Deutschland
bis heute plumpe Witze über Holländer hören.
Der Grad an Sympathie der Deutschen gegenüber den Polen ist seit
Jahren kaum Schwankungen unterworfen – die Durchschnittswerte
oszillierten in den Jahren 2000 und 2008 bei 2,9, über 3,2 im Jahr 2006 bis
gegenwärtig 3,0.
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 56
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Die Beziehung zu Polen und Russen 57
2013
2008
2006
2000
Zuneigung
2
3
4
Abneigung
Diagramm 17:
Wie ist Ihr Verhältnis zu
den Polen? Mittelwerte aus
den Jahren 2000, 2006,
2008 und 2013
Die Veränderungen der Sympathiewerte der Deutschen gegenüber
den Russen kann man nicht auf dieselbe Weise vergleichen. In der
Untersuchung des Deutsch-Russischen Forums aus dem Jahr 2008
behauptete ein Viertel der Deutschen, dass sie die Russen mögen, 35%
bekundeten eine gegenteilige Meinung und 40% waren unentschlossen.
Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Deutschen den
Russen kaum Sympathie entgegenbringen. Im umgekehrten Fall der
Sympathiebekundung der Russen gegenüber den Deutschen, ermittelt
in einer Untersuchung des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten im
Jahr 2011, erreichten die Bundesbürger einen positiven Wert von 55%,
während lediglich 8% der Befragten Abneigung bekundeten. In derselben
Untersuchung erklärten 36% der Russen ihre Sympathie gegenüber den
Polen, 13% ihre Abneigung, und gut die Hälfte (51%) äußerte sich neutral.
Dies zeugt von der positiven Einstellung der Russen gegenüber den
Deutschen, die allerdings nicht erwidert wird.
Niederländer
Franzosen
Amerikaner
Briten
Griechen
Polen
Russen
Zuneigung
Mittelwert
Deutschland
gesamt
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 57
2
3
Mittelwert
für westliche
Bundesländer
4
Abneigung
Mittelwert
für östliche
Bundesländer
Diagramm 18:
Wie ist Ihr Verhältnis zu
den folgenden Nationen?
Gesamtdeutscher
Mittelwert sowie Aufteilung
nach westlichen und
östlichen Bundesländern
2013-09-09 10:13:04
58 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Auch in diesem Fall zeigen die Ergebnisse, dass ein Aufenthalt bzw.
besonders häufige Reisen nach Polen die Bewertung der polnischen
Gesellschaft in den Augen der Deutschen deutlich verbessern. Abgebildet
auf einer Skala von 1 (= Sympathie) bis 5 (=Abneigung) wird den Polen
seitens der Deutschen generell mit einem Wert von 3,0 mittlere Sympathie
entgegengebracht. Die Umfragen zeigen, dass diese positive Einstellung
hingegen bei Befragten, die Polen besucht haben bzw. einige Male in
Polen waren, auf 2,4 ansteigt, sowie sogar einen Wert von 2,0 bei Personen
erreicht, die regelmäßig – einmal oder mehrmals im Jahr – in Polen
sind. Für diejenigen, die nie in Polen waren, funktioniert diese Logik in
entgegengesetzter Richtung, das bedeutet, die Abneigung gegenüber den
Polen ist höher (3,2) als der Durchschnitt. Entscheidend ist, dass bei den
Personen, die mehrmals in Polen waren, die positive Haltung eindeutig
zunimmt, so dass die Polen sich derzeit immer größerer Sympathie bei den
Deutschen erfreuen. Sie überholen diesbezüglich sogar die Niederländer
und Franzosen. Personen, die Polen besucht haben, sind sogar besser
gegenüber den Russen eingestellt, als solche, die nicht in Polen waren.
Eine ähnliche Tendenz zeigt sich im Fall der Sympathie gegenüber
den Russen. Sofern ein Befragter in Russland war, empfindet er mehr
Sympathie gegenüber den Russen. Jedoch kommt es hier nicht zu der
Korrelation, dass solche Personen ebenfalls freundschaftlicher gegenüber
Polen eingestellt sind.
Ebenso äußern deutsche Umfrageteilnehmer, die angeben, ihr Wissen
über Polen von in Deutschland lebenden Polen zu beziehen, statistisch
häufiger Sympathie gegenüber der polnischen Gesellschaft. In ihrem
Fall bilden die Polen die zweitsympathischste Gruppe, gleich nach den
Niederländern. Ähnlich sehen Deutsche, die als Quelle ihres Wissens über
Russland in Deutschland lebende Russen angeben, Russen häufiger als
übrige Befragte als sympathisch an. Wiederum zeigt sich dabei, dass der
persönliche Kontakt eine sehr wichtige Rolle für die Verbesserung des
gegenseitigen Bildes spielt. Außerdem beeinflussen Kontakte mit Polen
das Sympathiegefühl gegenüber Russen in gleichem Maße wie Kontakte
mit Russen selbst. Umgekehrt besteht solch eine Abhängigkeit allerdings
nicht in vergleichbarem Ausmaß – der Kontakt mit Russen verbessert die
Beurteilung der Polen zwar ebenfalls, aber nicht so stark.
Die Beziehung zu den Polen und anderen Nationen hängt auch vom
Wohnort ab. In den ostdeutschen Bundesländern sieht die Liste der
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 58
2013-09-09 10:13:04
Die Beziehung zu Polen und Russen 59
„sympathischsten“ Nationen etwas anders aus als in den westlichen oder
in der Perspektive der gesamtdeutschen Bevölkerung. Polen und Russen
werden mit größter Sympathie bedacht. In den Augen der ostdeutschen
Bevölkerung überholen die Polen (Durchschnittswert 2,8) die Russen
(3,4), die Griechen (3,0) und die Amerikaner (2,9), aber sie sind noch immer
weniger sympathisch als die Niederländer (2,5), die Franzosen (2,5) und
die Briten (2,7). Die Einwohner der westlichen Bundesländer empfinden
größere Sympathie gegenüber den westlichen Nachbarn (Franzosen und
Niederländern). Dennoch ist die Bewertung der Russen alles in allem eher
negativ als positiv. Eine solche Hierarchie ist wahrscheinlich abhängig
von der Häufigkeit der Kontakte – Deutsche aus dem östlichen Teil des
Landes haben mehr Kontakte zu Polen. Ihre bessere Einstellung den Polen
gegenüber ist die gesamte Untersuchung hindurch erkennbar. Dies ist
besonders interessant, da genau in den östlichen Grenzregionen von
Polen verübte Diebstähle in aller Munde sind.
Ältere Personen sind besser gegenüber Polen eingestellt als jüngere.
Im Fall der Amerikaner und Briten ist der umgekehrte Zusammenhang
zu beobachten: Jüngere pflegen ein positiveres Verhältnis zu diesen als
Ältere. Einen gewissen Einfluss auf die Haltung hat dabei einerseits die
Schule, die Polen betreffend ein noch aus dem 19. Jahrhundert und aus
der Zeit der Kriege stammendes Bild vermittelt, aber wenig über die
gegenwärtigen Verhältnisse im östlichen Nachbarland lehrt. Andererseits
aber besitzen junge Deutsche beispielsweise auch ein idealisiertes Bild
von den Vereinigten Staaten, das mit fortschreitendem Alter und im
Zuge weiterer Erfahrungen, die mit diesem Land verbunden sind, etwa
anlässlich von Reisen dorthin, zumeist revidiert wird.
Darüber hinaus spiegeln sich Beziehungen zu Bevölkerungen anderer
Länder in der Art des Verhaltens gegenüber ihren Repräsentanten in
alltäglichen Lebenssituationen. Die Offenheit für die Zusammenarbeit
mit einem Kollegen im Büro, die Bereitschaft, die Rolle des Untergebenen
zu akzeptieren und sich den Entscheidungen des Chefs unterzuordnen
oder freundschaftliche Verbindungen zeugen davon, dass zwischen zwei
Gesellschaften Harmonie und Verständnis herrscht. Viele Deutsche sind
jeden Tag direkt mit einer solchen Situation konfrontiert oder können sich
dies zumindest vergleichsweise leicht vorstellen, da die Bundesrepublik
ein Land ist, in dem viele Ausländer leben.
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 59
2013-09-09 10:13:04
60 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Der Grad der Akzeptanz von Polen in allen untersuchten
Gesellschaftsrollen überwiegt eindeutig gegenüber dem Grad der
Ablehnung. 61% der befragten Deutschen haben im Allgemeinen
nichts gegen einen Polen in einer der angegebenen gesellschaftlichen
Rollen. Bedeutende Unterschiede existieren allerdings zwischen
einzelnen Rollen. Am ehesten würden die Deutschen einen Polen als
Arbeitskollegen (79%), Nachbarn (77%) sowie als ständigen Einwohner
in Deutschland (74%) akzeptieren. Dies sind einerseits Rollen, die keines
besonders nahen Kontakts bedürfen, die also nicht stark emotional
einnehmen; daher stets der hohe Grad ihrer Akzeptanz. Ferner haben
62% der befragten Deutschen nichts dagegen, wenn ein Pole die deutsche
Staatsbürgerschaft annimmt.
Ein niedrigerer Grad an Akzeptanz besteht bei Rollen, die größere
Nähe verlangen, etwa solche wie Freund (57%) oder Schwiegersohn/
Schwiegertochter (49%), sowie bei Beziehungen in einem
Unterordnungsverhältnis – Chef (53%). Gleichzeitig entstehen die
niedrigen Akzeptanzwerte in hohem Maße aufgrund des hohen Anteils
an Antworten der Kategorie „schwer zu sagen“. Insofern lässt sich bei
besonders persönlichen Rollen ein Ausweichen des Befragten von der
eindeutigen Antwort „nein“ bis hin zu Unentschlossenheit bemerken.
79%
Arbeitskollege
65%
77%
Nachbar
60%
Einwohner
Staatsbürger
62%
47%
Freund
57%
41%
53%
Chef
Diagramm 19:
Würden Sie einen Polen/
Russen in den folgenden
Gesellschaftsrollen
akzeptieren?
74%
59%
38%
Schwiegersohn/
Schwiegertochter
49%
33%
0%
20%
40%
Pole
60%
...
100%
Russe
Man sollte nicht vergessen, dass ein Teil der Deutschen persönliche
Erfahrungen im Kontakt mit Polen hat. Deren Akzeptanzniveau ist folglich
sehr hoch.
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 60
2013-09-09 10:13:04
Die Beziehung zu Polen und Russen 61
Während der durchschnittliche Akzeptanzgrad Deutsche, die als Quelle
gegenüber Polen – betrachtet auf einer Skala von 1 ihres Wissens über Polen
(= volle Akzeptanz) bis 5 (= keine Akzeptanz) – beim in Deutschland lebende
Wert 2,0 liegt, beträgt er bei Personen, die ihr Wissen Polen angeben, akzeptieren
über Polen von polnischen Bekannten beziehen, die
in Deutschland leben, 1,0, was gleichbedeutend ist
Polen umfassend in allen
gesellschaftlichen Rollen.
mit einer völligen Akzeptanz von Polen in allen gesellschaftlichen Rollen.
Interessant ist dabei, dass ein Umgang mit Polen ebenfalls die Akzeptanz
der Deutschen gegenüber den Russen vergrößert (eine Steigerung von 2,9
auf 2,4). Auch können sich Deutsche, die nach 1989 in Polen waren, die
Polen in unterschiedlichen Gesellschaftsrollen besser vorstellen. Das Alter
oder der Wohnort der Deutschen haben keinen Einfluss auf den Grad der
Akzeptanz gegenüber den Polen.
Die Akzeptanzwerte gegenüber den Polen in unterschiedlichen
Gesellschaftsrollen gelten in derselben Reihenfolge auch für die Russen.
Hier sind die Werte allerdings regelmäßig deutlich niedriger – um etwa
14-17 Prozentpunkte. Ähnlich wie im Fall Polens ist der Grad der Akzeptanz
79%
84%
76%
Arbeitskollege
77%
82%
Nachbar
70%
74%
75%
Einwohner
59%
62%
65%
Staatsbürger
45%
57%
Freund
64%
54%
53%
57%
52%
Chef
49%
Schwiegersohn/
Schwiegertochter
57%
48%
0%
20%
40%
2013
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 61
60%
2008
2000
80%
100%
Diagramm 20:
Würden Sie einen
Polen in den folgenden
Gesellschaftsrollen
akzeptieren? Vergleich der
positiven Antworten aus
den Jahren 2000, 2008
und 2013.
2013-09-09 10:13:04
62 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
bei Personen höher, für die eine wichtige Wissensquelle über Russland in
Deutschland lebende Russen sind. Der Durchschnittswert beträgt hier 2,3,
wohingegen der allgemeine Indikator sich um 3,0 bewegt.
Deutsche, die als Quelle ihres Wissens über Russland in Deutschland
lebende Russen angeben, sind Russen in unterschiedlichen
gesellschaftlichen Rollen gegenüber aufgeschlossener (2,3 bei einem
Durchschnitt von 2,9). Diesbezüglich ist jedoch kein so starker Anstieg zu
verzeichnen wie im Fall Polens. Der Grund hierfür liegt wahrscheinlich
darin, dass die allgemeine Akzeptanz gegenüber Russen im Verhältnis zu
derjenigen gegenüber Polen niedriger ist (2,9 zu 2,0).
Auch bei Personen, die Russland besucht haben, ist die
Akzeptanz gegenüber Vertretern dieses Landes in unterschiedlichen
gesellschaftlichen Rollen in Deutschland höher als bei
Umfrageteilnehmern, die nie dort gewesen sind. In einigen Fällen ist der
Anstieg des Akzeptanzgrades bedeutend – er beträgt ein gutes Dutzend
Prozentpunkte.
Der Anteil der positiven Antworten auf die Frage nach der Akzeptanz
der Polen in unterschiedlichen Gesellschaftsrollen ist jedoch in den
letzten Jahren in vielen Fällen gesunken. Am deutlichsten ist dies bei der
Billigung der Eheschließung des eigenen Kindes mit
Die Akzeptanz der Polen einem Polen (gesunken um 8 Prozentpunkte) und
in unterschiedlichen
der Aufnahme eines Polen in den Freundeskreis
Gesellschaftsrollen ist in den
letzten Jahren gesunken. (gesunken um 7 Prozentpunkte) zu bemerken – also
im Rahmen der engsten Beziehungen. Auch als
Nachbarn oder Arbeitskollegen wünschen sich die Deutschen einen Polen
nicht so sehr wie noch vor fünf Jahren (Abfall um 5 Prozentpunkte).
Der Rückgang der Akzeptanz beruht allerdings nicht auf einem starken
Anstieg des Anteils an negativen Antworten. Gegenüber dem Jahr 2008
waren lediglich bei den Rollen des Staatsbürgers (um 5 Prozentpunkte), des
Chefs (um 1 Prozentpunkt) und des Arbeitskollegen (um 1 Prozentpunkt)
Anstiege negativer Antworten (keine Akzeptanz) zu verzeichnen. In Bezug
auf die Rollen des Schwiegersohns/der Schwiegertochter, als Freund,
Einwohner oder Nachbar, ist der Anteil an negativen Antworten, die
ein Fehlen an Akzeptanz bedeuten, zurückgegangen (jeweils um 2, 3, 3
bzw. 1 Prozentpunkt). Die größte Veränderung hat sich aber bezüglich
der Antwortkategorie „schwer zu sagen“ vollzogen, deren Anteil alle
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 62
2013-09-09 10:13:04
Die Beziehung zu Polen und Russen 63
24%
19%
Staatsbürger
38%
24%
23%
Chef
33%
20%
22%
26%
Schwiegersohn/
Schwiegertochter
15%
18%
Freund
27%
12%
15%
Einwohner
27%
10%
11%
Nachbar
18%
9%
8%
Arbeitskollege
14%
0%
20%
2013
40%
2008
...
100%
2000
Diagramm 21:
Würden Sie einen
Polen in den folgenden
Gesellschaftsrollen
akzeptieren? Vergleich der
negativen Antworten aus
den Jahren 2000, 2008
und 2013.
Rollen betreffend gestiegen ist – um 11 (Freund), um 10 (Schwiegersohn/
Schwiegertochter) bzw. um 1 Prozentpunkt (Bürger).
Vergleicht man diese Ergebnisse mit der Akzeptanz von Polen und
Deutschen seitens der Russen auf Grundlage der Umfrage von 2011, lässt
sich feststellen, dass die Deutschen den Polen gegenüber meist offener
eingestellt sind als die Russen. Anderseits sind die Deutschen jedoch um
einiges schlechter gegenüber den Russen eingestellt als die Russen ihnen
gegenüber.
Unter allen Befragten betragen die Anteile an negativen
Einstellungen gegenüber den Polen ebenso wie gegenüber den Russen
22% (Werte von 4 und 5 auf der Skala von 1 bis 5). Diese Gruppe ist im
Vergleich zu den anderen Befragten jünger (im Durchschnitt 45,6 Jahre
gegenüber 48,7 bei allen anderen Befragten) und lebt größtenteils in
den westlichen Bundesländern. Einen Mangel an Akzeptanz gegenüber
beiden Gesellschaften äußern auch Personen mit geringerer Bildung.
Andere Regelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Verdienst, der
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2013-09-09 10:13:04
64 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Chef
Staatsbürger
Schwiegersohn/
Schwigertochter
Einwohner
Freund
Nachbar
Diagramm 22:
Würden Sie einen
Polen/Deutschen/
Russen in den folgenden
Gesellschaftsrollen
akzeptieren? Vergleich
der Antworten der Russen
von 2011 mit denen der
Deutschen von 2013.
Arbeitskollege
0%
20%
40%
Russen über Polen (2011)
Russen über Deutsche (2011)
60%
80%
100%
Deutsche über Polen (2013)
Deutsche über Russen (2013)
beruflichen Stellung oder der Position auf dem Arbeitsmarkt sind nicht
zu verzeichnen.
Die Beziehung zu einer anderen Gesellschaft wird auch mittels
Charaktereigenschaften deutlich, die deren Bürgern zugeschrieben
werden. Besonders klar erkennbar wird die Bewertung bei der
Gegenüberstellung von Eigenschaften, welche der Befragte seiner
eigenen Gesellschaft zuschreibt, mit solchen, die er in der anderen
Gesellschaft wahrnimmt.
Die Deutschen haben eine entschieden gute Meinung von sich
selbst. In der Mehrheit der Fälle schätzen sie Polen und Russen deutlich
schlechter ein. Dies betrifft vor allem sämtliche Eigenschaften, die
mit Arbeitsorganisation und persönlichem Leben zu tun haben.
Mehr als acht von zehn Befragten behaupten, dass Deutsche gut
organisiert (85%), ordentlich (85%), fleißig (84%), diszipliniert (84%) und
verantwortungsbewusst (83%) sind. Außerdem bewerten die Deutschen
ihre Aktivität (76%), Modernität (73%), Effektivität (73%) und Bildung
(72%) positiver als die der Polen und Russen. Gleichzeitig sind Deutsche
nach Meinung der Befragten ehrlich (61%) und konsumieren nicht zuviel
Alkohol (60%). Ein grundlegender Unterschied ist jedoch anhand der
Bewertung von Eigenschaften zu bemerken, die zwischenmenschliche
Kontakte beschreiben. In diesem Fall wird entweder entschieden häufiger
eine Überlegenheit von Polen bzw. Russen wahrgenommen (Zuschreibung
von „Geselligkeit“), oder es wird ein ähnliches Niveau angenommen (so
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2013-09-09 10:13:05
Die Beziehung zu Polen und Russen 65
bezüglich des Attributs „Freundlichkeit“). Darüber hinaus wird Religiosität
von den Deutschen vielfach mit den Polen assoziiert (75%), weniger jedoch
mit Russen (53%).
gut organisiert
85%
28%
24%
ordentlich
85%
24%
16%
fleißig
84%
43%
30%
84%
25%
23%
diszipliniert
verantwortungsbewusst
aktiv
37%
modern
83%
32%
20%
76%
48%
73%
34%
26%
effektiv
73%
27%
20%
72%
33%
31%
gebildet
61%
gesellig
ehrlich
61%
22%
19%
nüchtern
8%
tolerant
48%
19%
23%
religiös
60%
15%
freundlich
44%
40%
36%
59%
53%
0%
20%
Deutscher
77%
80%
40%
Pole
60%
Russe
75%
80%
100%
Diagramm 23:
Welche
Charaktereigenschaften
machen einen
durchschnittlichen
Deutschen, Polen bzw.
Russen aus? Vergleich
positiver Eigenschaften
Nach Meinung der Deutschen ähneln sich Polen Die Deutschen haben eine
und Russen in vielen Charaktereigenschaften entschieden gute Meinung
und unterscheiden sich dabei oftmals wesentlich bezüglich ihrer eigenen
Charaktereigenschaften. In der
Mehrheit der Fälle schätzen
Umfragen allerdings gewöhnlich besser ab als die sie Polen und Russen deutlich
Russen. Am Ähnlichsten werden Polen und Russen schlechter ein.
von den Deutschen. Die Polen schneiden in den
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 65
2013-09-09 10:13:05
66 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
in Bezug auf ihre Disziplin, Ehrlichkeit, Geselligkeit und ihr Bildungsniveau
eingeschätzt.29
Unterschiede bei der Bewertung der Charaktereigenschaften hängen
auch vom Wohnort des Befragten ab. Deutsche aus den westlichen
Bundesländern bewerten ihre Gesellschaft in puncto Toleranz, Ehrlichkeit,
Religiosität und Geselligkeit besser. Von den Ostdeutschen werden Polen
und Russen dagegen besser bewertet. Mit höherem Alter vertreten die
Deutschen aber die Meinung, dass Polen gut gebildet, freundlich und
religiös sind und nicht zuviel Alkohol konsumieren. Gegenüber Russen
lässt sich dieser Zusammenhang lediglich anhand des Aspekts der
Religiosität feststellen.
Die Bewertung der Charaktereigenschaften von Polen wird durch
den Kontakt mit Polen, die in Deutschland leben, verbessert. Die größten
Unterschiede zu ihren Gunsten treten bei der Bewertung von Ehrlichkeit,
Disziplin und Ordnung auf. Die Erlangung von Kenntnissen über Russland
durch in Deutschland lebende Russen verbessert jedoch die Bewertung
der Charaktereigenschaften von Russen nicht so bedeutend. Tatsächlich
ist in Bezug auf dieselben Eigenschaften verglichen mit Umfragen zu
den Polen eine gewisse positive Veränderung zu konstatieren; diese ist
allerdings gering und zeigt sich in der Modifikation des Meinungsbildes,
wonach anstelle von „negativen“ Bewertungen lediglich mehr „weder
noch“-Stimmen verzeichnet werden. Bei der Gegenüberstellung
typischer Eigenschaften von Polen sind ebenso gewisse Unterschiede
in Abhängigkeit davon zu bemerken, ob der Befragte Polen nach 1989
besucht hat oder nicht. In der Mehrheit der Fälle haben Deutsche, die
bereits in Polen waren, eine etwas bessere Meinung von den Polen. Eine
solche Korrelation ist vor allem bei Eigenschaften wie Freundlichkeit,
Bildung, Ehrlichkeit oder Aktivität zu erkennen. Andererseits treten bei
der Wahrnehmung von Eigenschaften wie Ordnung, Alkoholkonsum,
Disziplin, Effektivität und Fleiß solche Veränderungen nur minimal oder
gar nicht auf. Für Russland konnten keine besonderen Unterschiede in
der Bewertung der Charaktereigenschaften von Russen in Abhängigkeit
von einem Aufenthalt in Russland festgestellt werden, da die Zahl der
Besucher unter den Befragten zu gering ist.
29 Zur Beschreibung der Abhängigkeit zwischen Charaktereigenschaften von Deutschen, Polen
und Russen wurde der Koeffizient der linearen Korrelation von Pearson verwendet.
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2013-09-09 10:13:05
Die Beziehung zu Polen und Russen 67
Bei der Gegenüberstellung von Mittelwerten auf Basis der gegebenen
Antworten – auf einer Skala von 1 (=sehr gut) bis 5 (= schlecht) – ist zu
erkennen, dass bei deutschen Charaktereigenschaften die Werte
meist von 1,8 bis 2,3 reichen, wohingegen ein Wert um 2,5 seltener zu
verzeichnen ist. Dies bedeutet, dass die positiven Urteile die negativen
und neutralen übertreffen, was auch im vorherigen Diagramm der Fall ist.
Bezüglich der Polen ergibt sich ein schon differenzierteres Bild, aber auch
hier erweisen sich die Werte im Durchschnitt ebenfalls als eher positiv
denn negativ. Die Bewertung der Russen kreist hingegen sehr häufig um
mittlere Werte der Skala.
fleißig
faul
Deutscher
Pole
Russe
tolerant
modern
intolerant
rückständig
gebildet
ungebildet
effektiv
ineffektiv
ehrlich
unehrlich
freundlich
unfreundlich
ordentlich
unordentlich
nüchtern
besoffen
ungläubig
religiös
verantwortungslos
verantwortungsbewusst
undiszipliniert
diszipliniert
passiv-abwartend
aktiv
schlecht organisiert
gut organisiert
einsam
gesellig
1
2
3
4
5
Diagramm 24:
Welche Eigenschaften
machen einen
durchschnittlichen
Deutschen, Polen bzw.
Russen aus? Vergleich der
Mittelwerte
Die Bewertung polnischer Charaktereigenschaften hat sich seit
2006 entschieden verbessert. Gegenwärtig schreiben die Deutschen
den Polen viel häufiger Eigenschaften wie Freundlichkeit (Anstieg um
33 Prozentpunkte), Aktivität (Anstieg um 15 Prozentpunkte), Bildung
(Anstieg um 14 Prozentpunkte), Modernität (Anstieg
Die Deutschen schreiben
um 8 Prozentpunkte) oder Religiosität (Anstieg den Polen derzeit
um 7 Prozentpunkte) zu. Eine Verbesserung kann deutlich häufiger bessere
man fast in jedem Fall bemerken. In einem Bereich Charaktereigenschaften zu als
2006.
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68 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
(Freundlichkeit) handelt es sich sogar um eine hundertprozentige
Veränderung.
75%
68%
73%
religiös
freundlich
fleißig
modern
gebildet
verantwortungsbewusst
gut organisiert
39%
33%
33%
aktiv
tolerant
59%
26%
30%
48%
43%
38%
36%
31%
27%
34%
26%
21%
33%
19%
26%
32%
29%
28%
28%
29%
27%
effektiv
diszipliniert
ordentlich
Diagramm 25:
Welche
Charaktereigenschaften
machen den
durchschnittlichen Polen
aus? Vergleichswerte
positiver Eigenschaften aus
den Jahren 2000, 2006
und 2013.
ehrlich
0%
19%
25%
30%
23%
24%
24%
22%
19%
21%
20%
40%
2013
2006
60% . . . 100%
2000
Auch beim Vergleich deutscher Meinungsäußerungen zu polnischen
Charaktereigenschaften, die negativ besetzt sind, ist eine deutliche
Verbesserung zu bemerken. Gegenwärtig glauben entschieden weniger
Deutsche als 2006, dass Polen rückständig, schlecht organisiert,
verantwortungslos, intolerant, passiv oder unfreundlich sind. Die
Veränderung beträgt zwischen 5 und 17 Prozentpunkten. Ähnlich wie bei
den positiven Eigenschaften ist häufig eine mehrfache Veränderung zu
verzeichnen – zum Beispiel sind gegenwärtig dreimal weniger Deutsche
von der Ineffektivität der Polen überzeugt als im Jahr 2006 und von der
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2013-09-09 10:13:05
Die Beziehung zu Polen und Russen 69
Intoleranz um die Hälfte weniger. Gegenüber den Antworten von 2006
ist die Häufigkeit der Nennung aller negativen Charaktereigenschaften
zurückgegangen. Die Überzeugung der Deutschen von der guten
Organisation, Aktivität oder vom Verantwortungsbewusstsein der
Polen hängt sicherlich mit der steigenden Anerkennung für die
polnische Wirtschaft zusammen. Die guten Ergebnisse im Bereich der
wirtschaftlichen Beziehungen scheinen die Deutschen zu überzeugen
von den positiven Charaktereigenschaften der Polen, die zu dieser
Entwicklung beitragen.
28%
30%
unehrlich
37%
22%
unordentlich
28%
19%
22%
undiszipliniert
31%
17%
schlecht organisiert
24%
17%
32%
rückständig
13%
verantwortungslos
18%
12%
14%
faul
44%
23%
25%
11%
ineffektiv
32%
11%
ungebildet
10%
intolerant
20%
21%
20%
22%
8%
passiv-abwartend
6%
unfreundlich
25%
26%
16%
17%
3%
6%
7%
ungläubig
0%
20%
2013
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 69
40%
2006
2000
...
100%
Diagramm 26:
Welche
Charaktereigenschaften
machen den
durchschnittlichen
Polen aus? Vergleich
der negativen
Charaktereigenschaften
aus den Jahren 2000,
2006 und 2013
2013-09-09 10:13:05
70 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Die Verbesserung des Bildes des durchschnittlichen Polen in
Deutschland in den letzten Jahren ist wohl zum größten Teil die Folge der
positiven Erfahrungen, die die Deutschen mit den Polen gemacht haben
– sogar wenn die Befragten gar keine Polen als Wissensquelle über deren
Land benennen. Dieses verbesserte Bild des Polen als Person bedeutet
zwar mit Nichten, dass ein Deutscher nun eher als vor einigen Jahren
mit ihm in unterschiedlichste Beziehungen einträte oder Polen als Land
besser bewertete. Doch jegliche Veränderungen dieser Art brauchen Zeit.
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 70
2013-09-09 10:13:05
GEGENSEITIGE BEZIEHUNGEN
Das Bild eines Landes und seiner Gesellschaft ist gewöhnlich mit der
Bewertung der Beziehungen zwischen diesem und dem eigenen Land
verbunden. Diese Abhängigkeiten müssen allerdings nicht unbedingt eng
sein. Bisherige Untersuchungen des ISP zeigten, dass Negativbewertungen
besonders eng miteinander korrelieren. In der Untersuchung von 2008
war zum Beispiel eine allgemeine Verschlechterung der Meinungen
der Deutschen sowohl zum Land als auch zu den deutsch-polnischen
Beziehungen bemerkt worden. Der Anstieg positiver Bewertungen
entwickelt sich meist langsamer als ihr Rückgang, ist also weniger
miteinander verbunden.
Die gegenseitigen Beziehungen kann man aus unterschiedlichen
Perspektiven bewerten. Einerseits sollte man auf die Meinung zu den
bilateralen Beziehungen blicken, andererseits lohnt es sich, zu fragen,
wie die Umfrageteilnehmer zu der Zusammenarbeit ihres Landes mit
dem anderen Staat eingestellt sind, und wie sie seine Bedeutung auf der
europäischen Ebene wahrnehmen.
Unter zehn Ländern, die die Deutschen mit Blick auf ihre
Zusammenarbeit hin bewertet haben, schneiden Frankreich und die
Niederlande am besten ab: in beiden Fällen sind sogar drei Viertel der
Deutschen überzeugt, dass ihr Land eng mit dem betreffenden Staat
zusammenarbeiten sollte. Die folgenden Plätze nehmen weitere westliche
Länder ein: Die Vereinigten Staaten (69%), Großbritannien (58%), sowie
Japan (55%). Polen befindet sich in der Mitte dieser Rangliste – überzeugt
von der Notwendigkeit einer engen Kooperation ist
Aus einer Liste von zehn
in diesem Fall die Hälfte der Befragten (48%). Polen Ländern wünschen sich
überholt damit einen anderen Nachbarn in diesem die Deutschen eine enge
Teil Europas, Tschechien (43%), sowie China (39%). Zusammenarbeit vor allem
Eine enge Zusammenarbeit mit Russland wünscht mit den Niederlanden und
sich ein deutlich geringerer Anteil der Befragten – Frankreich. Polen nimmt einen
lediglich ein Drittel (34%).
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Platz im Mittelfeld ein.
2013-09-09 10:13:05
72 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
75%
Niederlande
75%
Frankreich
69%
Vereinigte Staaten
58%
Großbritannien
55%
Japan
48%
Polen
43%
Tschechien
39%
China
34%
Russland
Diagramm 27:
Wie eng sollte Deutschland
Ihrer Meinung nach mit
den folgenden Ländern
zusammenarbeiten?
24%
Ukraine
0%
20%
40%
60%
. . . 100%
Die Auflistung derjenigen Länder, mit denen die Deutschen die
engste Zusammenarbeit wünschen, ähnelt sehr der Sympathiehierarchie
der einzelnen Nationen. Dort nehmen die Niederländer, Franzosen,
Amerikaner und Briten die ersten Plätze ein. Es ist also eine direkte
Korrelation zu sehen, die in den Umfragen bestätigt wird: allgemein
unterstützt die deutsche Gesellschaft eher die Kooperation mit Ländern,
deren Bewohnern sie mehr Sympathie entgegenbringt.
Unterschiedlich wird die Bedeutung der Zusammenarbeit in
Abhängigkeit davon gesehen, ob der Befragte aus einem östlichen oder
westlichen Bundesland stammt. Im Fall der Zusammenarbeit mit den
westeuropäischen Ländern und den Vereinigten Staaten liegen die
Durchschnittswerte der Antworten von Ost- und Westdeutschen identisch
oder sehr eng beieinander. Im Fall Frankreichs beträgt der Mittelwert
jeweils 1,9 – auf einer Skala von 1 (= sollten sehr eng zusammenarbeiten) bis
5 (= sollten überhaupt nicht zusammenarbeiten)-, für die Niederlande 1,9 in
den westlichen und 2,0 in den östlichen Bundesländern, für Großbritannien
2,3 bzw. 2,2 und für die Vereinigten Staaten 2,1 bzw. 2,2. Unterschiedlicher ist
hingegen die Haltung der Ost- und Westdeutschen gegenüber den Staaten
an ihrer östlichen Grenze. In diesem Fall nehmen Befragte der östlichen
Bundesländer die Bedeutung der Zusammenarbeit stärker wahr. Dies
betrifft entsprechend die Tschechen (2,2 in Ostdeutschland gegenüber 2,8
in Westdeutschland) ebenso wie die Polen (2,2 gegenüber 2,7), die Russen
(2,6 gegenüber 3,0) und die Ukrainer (2,9 gegenüber 3,2).
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2013-09-09 10:13:05
Gegenseitige Beziehungen 73
Geringere Unterschiede als bei den Ländern Deutsche aus den östlichen
Mittel- und Osteuropas, aber stärkere als im Fall der Bundesländern befürworten
Länder Westeuropas treten bei der Frage nach der die Zusammenarbeit mit
Zusammenarbeit mit Ländern Ostasiens auf, also Ländern an der östlichen
Japan (2,3 in den östlichen, 2,5 in den westlichen Grenze stärker als Bewohner
Bundesländern) und China (2,7 gegenüber 2,9).
der westlichen Bundesländer.
Auch Deutsche, die Polen nach 1989 besucht haben, bewerten die
Zusammenarbeit mit diesem Land (2,1) entschieden höher als Befragte, die
nicht in Polen waren (2,7). Außerdem beeinflusst der Aufenthalt in Polen
nicht nur die Sicht auf die Bedeutung der Zusammenarbeit alleine mit
Polen. Es erhöht sich im Kreis der Befragten zugleich auch regelmäßig der
Wert der angenommenen Bedeutsamkeit der Kooperation mit anderen
Staaten Mittel- und Osteuropas, vor allem im Fall Tschechiens (ein Wert
von durchschnittlich 2,8 bei Personen, die nicht in Polen waren, gegenüber
2,3 bei denen, die nach 1989 Polen besucht haben), aber auch mit Blick auf
Russland (3,0 gegenüber 2,6) und die Ukraine (3,2 gegenüber 2,9).
Eine solch positive Auswirkung ist bei den Antworten der Deutschen,
die Russland besucht haben, nicht zu beobachten. Der Aufenthalt dort
trägt nach Meinung der Befragten nur in geringem Maße dazu bei, dass
die Zusammenarbeit mit diesem Land eine höhere Bedeutung erfährt.
Interessant ist, dass Polen und Tschechien (2,7 bzw. 2,5) nach einem
Aufenthalt Deutscher in Russland mehr hinzugewinnen (der Unterschied
des Durchschnittswertes verändert sich von 2,6 bei Personen, die nicht in
Russland waren, auf 2,4 bei denen, die dort waren) als Russland selbst (von
2,9 auf 2,8). Auch im umgekehrten Fall besteht ein Zusammenhang – ein
Aufenthalt in Polen überzeugt die Deutschen eher von der Notwendigkeit,
mit Russland zu kooperieren, als ein Aufenthalt vor Ort in Russland.
In der Umfrage des Deutsch-Russischen Forums standen Frankreich
(69%), die USA (56%) und Großbritannien (53%) auf der Liste der Länder, mit
denen die Deutschen eine enge Zusammenarbeit wünschen, an der Spitze.
Russland nannten 45% der Befragten, Japan 36%, Polen und China je 30%,
Tschechien 24% und die Ukraine 12%. Da die Frage in beiden Fällen nicht
identisch gestellt wurde, lässt sich nicht eindeutig auf Veränderungen
schließen, doch Tendenzen lassen sich vergleichen. Charakteristisch ist
der Unterschied in der Bewertung Russlands. Zum einen kann dieser sich
aus der unterschiedlichen Fragestellung ergeben. Zum anderen lässt sich
aber doch eine zunehmend negative Sicht der Deutschen auf Russland
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2013-09-09 10:13:05
74 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
daraus erkennen. Noch sichtbarer wird diese Veränderung, wenn man
bedenkt, dass derzeit nach Ansicht der Deutschen eher eine Kooperation
mit Tschechien oder China als mit Russland gewünscht wird.
Diagramm 28:
Wie stark sollte
Deutschland Ihrer
Meinung nach mit den
folgenden Ländern
zusammenarbeiten?
Vergleich der Mittelwerte
!
$
" ##
Obwohl Polen bei den Antworten im Mittelfeld der Länder liegt, mit
denen die Deutschen sich wünschen zu kooperieren, beurteilen die
Befragten die deutsch-polnischen Beziehungen sehr gut. Zum ersten Mal
seit Jahren erreichte der Anteil der positiven Antworten den Wert von
70%. Weniger als jeder Fünfte nimmt sie als negativ wahr (19%). Diese
positive Haltung zeugt davon, dass die Deutschen
Die Mehrheit der Deutschen die positiven Veränderungen in den bilateralen
beurteilt die deutschBeziehungen beider Länder wahrnehmen, die sich
polnischen Beziehungen
positiv. seit 2007 vollzogen haben, nachdem die Koalition
aus PO und PSL die Regierung von der PiS übernahm.
Solch gute, positive und steigende Bewertungen der gegenseitigen
Beziehungen heben sich vor dem Hintergrund der Stagnation in der
Beurteilung Polens als Land und der Polen als Gesellschaft ab. Dies
deutet darauf hin, dass die Veränderungen auf höchster Ebene – wo die
Beziehungen gut sind, und was positiv in den Medien berichtet wird –
auch in der breiten Öffentlichkeit entsprechend wahrgenommen werden.
Gleichzeitig kann man sehen, dass die Überwindung der Stereotype von
einem Land und seinen Bürgern sich langsamer vollzieht als die Änderung
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Gegenseitige Beziehungen 75
6%
64%
18%
1% 11%
2013
46%
2%
32%
3%
16%
2008
4%
56%
25%
2% 13%
2006
3%
54%
26%
3%
14%
2000
0%
20%
Sehr gut
Eher gut
40%
60%
Eher schlecht
Sehr schlecht
80%
100%
Schwer zu sagen
Diagramm 29:
Wie sind Ihrer Meinung
nach die gegenwärtigen
Beziehungen zwischen
Deutschland und Polen?
der Meinung bezüglich der Politik. Und die positiven
Beurteilungen der deutsch-polnischen Beziehungen Die Beurteilungen der deutsch-
polnischen Beziehungen
durch Deutsche und Polen
Durchführung der Untersuchungen identisch mit unterscheiden sich zurzeit
den Antworten der Polen im selben Zeitraum (Daten kaum voneinander.
sind gleichzeitig zum ersten Mal seit Beginn der
aus dem Herbst 2012).
3%
69%
19%
2% 8%
2012
4%
71%
12% 1% 12%
2010
4%
53%
22%
4%
17%
2009
2%
46%
32%
3%
16%
2008
2%
77%
14%
1% 8%
2005
6%
77%
6%
12%
2000
0%
20%
Sehr gut
Eher gut
40%
60%
Eher schlecht
Sehr schlecht
80%
100%
Schwer zu sagen
Diagramm 30:
Wie sind Ihrer Meinung
nach die gegenwärtigen
Beziehungen zwischen
Polen und Deutschland?
Antworten der Polen
Wiederum kann man ausdrücklich erkennen, welch starken Einfluss
auf die positive Beurteilung Polens und der Beziehungen mit diesem Land
die Begegnung mit Polen hat. Personen, die in den letzten 2-4 Jahren in
Polen gewesen sind, bewerten die deutsch-polnischen Beziehungen viel
besser als die, die dort nicht waren (86% gegenüber 65%). Befragte, die in
Deutschland lebende Polen als Informationsquelle über das Nachbarland
nennen, heben sich in diesem Fall nicht durch ihre Antworten von
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76 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
anderen Befragten ab. Bewertungsunterschiede bezüglich der deutschpolnischen Beziehungen sind hingegen unter den Einwohnern von
west- oder ostdeutschen Bundesländern zu erkennen. Personen, die
in Ostdeutschland leben, beurteilen die gegenseitigen Beziehungen
entschieden positiver. Nach Meinung von acht von zehn Befragten (81%)
sind die Beziehungen gut. In den westlichen Bundesländern ist dieser
Anteil um 14 Prozentpunkte geringer. Deutsche, die die gegenwärtigen
Eine ähnlich große Anzahl
Deutscher behauptet, dass
die deutsch-russischen
Beziehungen gut sind, wie,
dass sie schlecht sind.
Beziehungen mit Polen als gut bewerten, finden
auch, dass mit Polen eng zusammengearbeitet
werden sollte (Diagramm 27). Es existiert ebenso
eine positive Wechselbeziehung zwischen
Antworten auf diese Frage und solchen nach
deutschen Investitionen in Polen.
In der Beurteilung der deutsch-russischen Beziehungen herrscht unter
den Deutschen eine große Diskrepanz. Beinahe die Hälfte der Befragten
findet, dass die Beziehungen mit Russland gut sind (47%). Hingegen
behauptet eine ähnliche Anzahl (42%), dass diese Beziehungen schlecht
sind. Es dominieren hier aber die gemäßigt positiven (45%) und die gemäßigt
negativen Antworten (42%). Gerade einmal 2% der Befragten meinen, dass
die bilateralen Beziehungen entschieden gut oder entschieden schlecht
sind. Die Untersuchungsergebnisse haben gleichzeitig keine grundlegenden
Unterschiede in der Wahrnehmung der deutsch-russischen Beziehungen
durch Personen aufgezeigt, die in Russland waren, und denjenigen, die
das Land bisher nicht besucht haben. Ebenso heben sich in diesem Fall die
Deutschen, die ihr Wissen von in Deutschland lebenden Russen beziehen,
nicht von den anderen Befragten ab.
In einer Umfrage des Deutsch-Russischen Forums im Jahr 2008 haben
55% der befragten Deutschen die deutsch-russischen Beziehungen
positiv eingeschätzt. Es ist also gegenüber diesen Untersuchungen ein
gewisser Rückgang zu bemerken, auch wenn die Fragen nicht vollständig
vergleichbar sind.
Auch in diesem Fall befürworten die Deutschen, die sich positiv über
die deutsch-russischen Beziehungen äußern, ähnlich wie bei der Frage
zu Polen, die Aussage, eine engere Zusammenarbeit mit dem Land sollte
angestrebt werden.
Anders sieht demgegenüber die Beurteilung der deutsch-russischen
Beziehungen durch die Russen aus. Unter den Befragten bewerteten
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Gegenseitige Beziehungen 77
Sehr schlecht
2%
Schwer
zu sagen
11%
Sehr schlecht
2%
Eher gut
45%
Eher schlecht
40%
Diagramm 31:
Wie sind Ihrer Meinung
nach die gegenwärtigen
Beziehungen zwischen
Deutschland und
Russland?
60% diese Beziehungen im Jahr 2011 positiv. Nur 1% der Befragten
war gegenteiliger Meinung. Man muss allerdings betonen, dass in der
Untersuchung, die 2011 in Russland durchgeführt wurde, auch die Antwort
gewählt werden konnte, dass die Beziehungen „neutral“ sind. Trotz
methodologischer Unterschiede im Aufbau der Fragen ist zu erkennen, dass
die Russen 2011 eine bessere Meinung von den bilateralen Beziehungen
Russlands mit Deutschland hatten, als die Deutschen sie gegenwärtig haben.
Dies weist auf die grundlegend schlechtere Beurteilung der
Beziehungen durch die deutsche Seite hin. Teilweise kann dies auch
damit zusammenhängen, dass sich die Beziehungen auf der Achse
Berlin–Moskau in den letzten Jahren deutlich abgekühlt haben und dass
dies nicht nur von Experten, sondern auch durch Personen, die nicht die
aktuelle internationale politische Situation verfolgen, wahrgenommen
wurde. Vor allem aber haben die Russen allgemein eine sehr gute Meinung
von Deutschland, also auch von den Beziehungen, die beide Staaten
unterhalten.
Polen wird von den Deutschen als wichtiger politischer Partner
angesehen. Nach Meinung von 59% der befragten Deutschen sollte
Deutschland in den Beziehungen zu Polen auf Kooperation und das
Erreichen von Kompromissen ausgerichtet sein. Gegenteiliger Meinung
ist ein Drittel der Befragten (32%). Anders sollte nach Meinung einiger
Befragter die Politik gegenüber Russland aussehen. Die Zahl der
Befragten, die finden, dass Deutschland auf die Kooperation und das
Erreichen von Kompromissen ausgerichtet sein sollte (48%), ist nur um 5
Prozentpunkte höher als der Teil derer, die fordern, dass Deutschland eher
auf die starke Verteidigung seiner Interessen achten sollte.
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2013-09-09 10:13:05
78 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
59%
32%
9%
Polen
48%
43%
9%
Russland
Diagramm 32:
Worauf sollte Deutschland
in seinen Beziehungen
zu Polen und Russland in
erster Linie ausgerichtet
sein?
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Auf Kooperation und das Erreichen von Kompromissen ausgerichtet sein
Auf die starke Verteidigung seiner eigenen Interessen ausgerichtet sein
Schwer zu sagen
Personen, die Polen besucht haben, behaupten seltener, dass
Deutschland in den gegenseitigen Beziehungen auf die starke
Verteidigung seiner Interessen ausgerichtet sein soll. Ähnlich selten
wird diese Behauptung von Deutschen gewählt, die in den ostdeutschen
Bundesländern leben. Von der Notwendigkeit der Kooperation sind ebenso
in überwiegender Mehrheit diejenigen Befragten überzeugt, die die
gegenwärtigen deutsch-polnischen Beziehungen positiv einschätzen (71%).
Ähnliche Tendenzen sind bezüglich der Beziehungen zu Russland zu
bemerken. Ein Aufenthalt in Russland festigt entschieden die Meinung,
dass man den Russen gegenüber auf Kooperation und das Erreichen von
Kompromissen ausgerichtet sein sollte. Auch eine gute Beurteilung der
deutsch-russischen Beziehungen fördert eine solche Haltung, auch wenn
diese Wechselwirkung schwächer ausgeprägt ist als im Fall Polens. Unter
denen, die sich positiv zu den Beziehungen zu Russland äußern, finden
62%, dass man dem Land gegenüber auf das Erreichen von Kompromissen
ausgerichtet sein sollte. Eine ähnliche Tendenz gegenüber beiden Ländern
zeichnet sich ebenso ab, wenn man die hier dargestellten Antworten der
Befragten mit denen zu den Vorstellungen vom jeweils anderen Land
vergleicht, im Einzelnen betreffend das Funktionieren der Demokratie
oder die Achtung des Rechts (Diagramm 10). Personen, die Polen oder
Russland schlechter bewerten, meinen häufiger, dass Deutschland
in den Beziehungen mit beiden Ländern auf die Verteidigung seiner
Interessen ausgerichtet sein sollte. Eine kompromissbereitere Haltung in
der Zusammenarbeit mit Polen ist aber stets stärker vertreten als im Fall
Russlands. Antworten hierzu lassen sich dabei in beiden Fällen nicht nach
dem Alter der Befragten differenzieren.
Polen wird jedoch noch immer nicht von den Deutschen als wichtiger
Akteur auf europäischer Ebene angesehen. Davon zeugt die Antwort
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2013-09-09 10:13:05
Gegenseitige Beziehungen 79
auf die Frage, welchen Einfluss Polen auf die Beziehungen zwischen
der Europäischen Union und Russland besitzt. Unter den Befragten
sind 39% der Meinung, dass die Handlungen Polens keinen Einfluss
auf diese Beziehungen haben. Fast ein Viertel der
Die größte Gruppe der
Deutschen findet, dass Polen
partnerschaftlicher Beziehungen zwischen Brüssel
keinen Einfluss auf die EUund Moskau beiträgt; gegenteiliger Meinung sind Russland Beziehungen hat.
Befragten (24%) antwortet, dass Polen zum Aufbau
15% der Befragten.
Anhand der Antworten der Befragten sind gegenüber dem Jahr 2008
gewisse Veränderungen in der Haltung festzustellen. Die Befragten
damals waren häufiger vom negativen Einfluss Polens auf die EURussland-Beziehungen überzeugt (26%), und sie vertraten entsprechend
seltener die Auffassung, Einwirkungen der polnischen Regierenden hätten
einen positiven Einfluss auf diese Beziehungen (19%). Diese Veränderung
im Meinungsbild hat wahrscheinlich mehrere Gründe. Erstens steht sie
sicherlich im Zusammenhang mit der Verbesserung der Beziehungen
zwischen Polen und Russland. Zweitens könnte sie aus der Annäherung
des deutschen und polnischen Standpunkts gegenüber Russland
resultieren. Auch die allgemein bessere Beurteilung der polnischen Außenund Europapolitik durch die Deutschen ist nicht ohne Bedeutung, zumal
diese, was die Untersuchungen von 2008 zeigten, in den Jahren 2005 bis
2007 sehr negativ betrachtet wurde.
24%
15%
39%
22%
2013
19%
26%
34%
21%
2008
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Polen trägt zum Aufbau der partnerschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Russland bei
Polen trägt zur Verstärkung der Probleme in den Beziehungen zwischen der EU und Russland bei
Polen hat keinen Einfluss auf die Politik der Europäischen Union gegenüber Russland
Schwer zu sagen
Diagramm 33:
Welche Rolle spielt Ihrer
Meinung nach Polen in den
Beziehungen zwischen der
Europäischen Union und
Russland?
Die Tatsache, dass die Befragten überwiegend die Ansicht vertreten,
Polen besitze keinerlei Einfluss auf die Politik der EU gegenüber Russland,
zeigt, dass die deutsche Gesellschaft die wachsende Bedeutung Polens
auf der europäischen Bühne größtenteils nicht wahrnimmt. Wiederum
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2013-09-09 10:13:05
80 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
unterscheiden sich hier die Ansichten der Personen, die sich professionell
mit der Europapolitik beschäftigen und denen man in Debatten und in
den Medien begegnen kann, von der Meinung der breiten Öffentlichkeit.
Befragte, die aus Ostdeutschland kommen, bewerten die Rolle
Polens beim Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen zwischen der EU
und Russland positiver (33% im Vergleich zu 22% der Befragten aus den
westlichen Bundesländern). Auch ein Aufenthalt vor Ort in Polen bewegt
die Befragten, sich in dieser Weise zu äußern. Das Alter des Befragten
spielt hingegen regelmäßig keine Rolle. Mit Blick auf die zahlenmäßig
stark vertretene Gruppe, die als Antwort die Variante „schwer zu sagen“
wählte, lässt sich allerdings nicht behaupten, dass Zusammenhänge
zwischen diesen Antworten und den anderen Fragen aus dem Bereich
„Politik“ bestehen. Dies zeigt folglich, dass Antworten auf Fragen zur
Außenpolitik den Deutschen allgemein schwer fallen.
Ein Übergewicht an neutralen Antworten war ebenso in den
Ergebnissen der russischen Befragten in der ISP-Untersuchung des Jahres
2011 zu verzeichnen. Damals meinten fast zwei Drittel der Russen (65%),
dass Polen beim Aufbau enger Zusammenarbeit zwischen Russland
und der EU weder hilft noch schadet. Ein Viertel der Befragten (27%)
behauptete, Polen schade eher, 8% der Umfrageteilnehmer hingegen
meinten, Polen helfe beim Aufbau besserer Beziehungen zwischen der
EU und Russland. Wenn man die neutrale Antwortvariante berücksichtigt,
sollte man allerdings bedenken, dass diese Antwort im Jahr 2011 etwas
anders formuliert war als im Jahr 2013.
Von einer sich verändernden Haltung zur Rolle Polens in Europa
zeugt auch die Tatsache, dass über die Hälfte der Befragten (52%) der
Meinung ist, dass Deutschland und Polen gemeinsame Interessen in
der Russland-Politik haben. Die Anzahl der Personen, die eine solche
Nach überwiegender
Meinung der Deutschen
haben Deutschland
und Polen gemeinsame
Interessen in Fragen der
Russlandpolitik.
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Interessengemeinschaft erkennen, ist zweimal
höher als die Zahl derer, die gegenteiliger Meinung
sind. Von unterschiedlichen Interessen ist aber
dennoch ein Viertel der Befragten (25%) überzeugt;
23% gaben an, keine Meinung zu dieser Frage zu
haben.
2013-09-09 10:13:05
Gegenseitige Beziehungen 81
Schwer
zu sagen
23%
Stark
divergierende
Interessen
3%
Stark
gemeinsame
Interessen
3%
Größtenteils
gemeinsame
Interessen
49%
Größtenteils
divergierende
Interessen
22%
Diagramm 34:
Haben Deutschland und
Polen in ihrer Politik
gegenüber Russland
gemeinsame oder
divergierende Interessen?
Teilnehmer der Umfrage, die Polen besucht haben, sind häufiger
von gemeinsamen Interessen Deutschlands und Polens in der Politik
gegenüber Russland überzeugt (65%; demgegenüber äußerten sich
gleichlautend nur 48% derjenigen, die nicht dort gewesen sind). Unter
den Polen-Besuchern befinden sich ebenfalls zweimal weniger Personen,
denen es schwer fällt, sich zu diesem Thema zu äußern. Eine ähnliche
Wechselbeziehung tritt bei der Aufteilung in ost- und westdeutsche
Bundesländer auf; Erstere nennen häufiger gemeinsame Interessen
Deutschlands und Polens, und sie haben sich häufiger eine Meinung
zu diesem Thema gebildet. Unterschiedliche Antworten sind aber nicht
altersbedingt festzustellen. Ebenso sind Befragte, die eine deutschpolnische Interessengemeinschaft erkennen, zugleich häufig der
Überzeugung, dass Deutschland gegenüber Polen eher auf Kooperation
ausgerichtet sein sollte, denn auf die Verteidigung eigener Interessen.
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2013-09-09 10:13:05
82 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
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2013-09-09 10:13:05
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN
Die Wahrnehmung Polens und Russlands in Deutschland
unterscheidet sich grundlegend voneinander. Polen und seine
Bevölkerung wird positiver wahrgenommen. Der wesentliche Unterschied
liegt darin, dass Polen zur Europäischen Union gehört, was das Spektrum
der Handlungsmöglichkeiten erweitert, aber gleichzeitig häufig auch
die Herausforderungen steigert. Daneben lässt sich eine Reihe anderer
Faktoren nennen, welche die Wahrnehmung des jeweiligen Landes
beeinflussen. Im Folgenden werden diese Faktoren erläutert. Bedeutend
für den Blick auf Polen ist die Tatsache, dass die deutsche Gesellschaft
Russland nicht zu Vorzugsbedingungen behandelt, was den Deutschen
lange Zeit an der Weichsel vorgeworfen wurde. Im Gegensatz dazu
bewerten die Deutschen den Mangel an Demokratie in Russland
sehr kritisch und verhalten sich der dortigen Gesellschaft gegenüber
distanziert.
Deutschland und Polen – schön, aber ruhen wir uns nicht
auf den Lorbeeren aus
Das positive Bild Polens – im Vergleich zu Russland – sollte kein Anlass
zu übermäßiger Freude sein. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das deutsche
Polenbild in den letzten Jahren nicht entscheidend verbessert hat. Die
Sicht der deutschen Eliten auf Polen ist positiv, aber in der Gesellschaft
herrschen noch immer Stereotype vor, wie es beispielsweise das
regelmäßig bediente Klischee vom Polen als Autodieb verdeutlicht. Wenn
man allerdings berücksichtigt, wie verbreitet die antipolnische Rhetorik
in Deutschland jahrelang gewesen ist, sind dennoch große Fortschritte
sowie positive Tendenzen zu bemerken. Neben althergebrachten
Vorurteilen ist der Einfluss neuer Erfahrungen spürbar, die langsam
bestehende Stereotype verdrängen. Besonders deutlich ist dies daran zu
erkennen, dass in der deutschen Gesellschaft Charaktereigenschaften der
Polen zunehmend positiv wahrgenommen werden. Dennoch sind etwa
Erscheinungen wie das polnische Wirtschaftswachstum der letzten Jahre,
Wizerunek_PL_i_RU_w_DE.indd 83
2013-09-09 10:13:05
84 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
die gelungene polnische EU-Ratspräsidentschaft oder die konstruktive
Haltung der polnischen Regierung auf der europäischen Bühne vor allem
den meinungsbildenden Kreisen in Deutschland ein Begriff. Wie die
Untersuchungen zeigen, fließen solche Tatsachen und Entwicklungen
nach wie vor selten in das deutsche öffentliche Bewusstsein ein. Die
Überzeugung vom guten Zustand der polnischen Wirtschaft dringt
langsam durch, aber es fehlt nicht an Assoziationen mit Armut sowie einer
wirtschaftlichen und kulturellen Rückständigkeit Polens. Langsam findet
auch die große Bedeutung Polens als Wirtschaftspartner für Deutschland,
die den Eliten ebenfalls in den letzten Jahren bekannt ist, Widerspiegelung
in den Aussagen der Durchschnittsbürger. Bereits an den Antworten auf
die Frage nach deutschen Investitionen in Polen ist ein Bewusstsein
dafür zu erkennen, dass Investitionen bedeutend und profitabel sind.
Der polnische Arbeiter wird immer häufiger mit guter Leistung, aber noch
immer auch mit illegaler Beschäftigung assoziiert. Die Deutschen sind
sich zwar bewusst, dass die Erfolge ihrer Fußballmannschaften teilweise
polnischen Spielern zu verdanken sind, aber bereits die gelungene
Organisation der Europameisterschaft 2012 ist trotz der Lobeshymnen
in den deutschen Medien nicht ins öffentliche Bewusstsein der breiten
Gesellschaft vorgedrungen, da dieses Ereignis nicht ein einziges Mal
unter den Assoziationen der Deutschen genannt wurde. Eine gewisse
Resonanz könnte dies aber im Rahmen der positiv verbesserten
Wahrnehmung polnischer Charaktereigenschaften erfahren haben.
Allerdings geht die zunehmende Wahrnehmung polnischer
Charaktereigenschaften im Positiven nicht zugleich einher mit einer
stärkeren Akzeptanz von Polen in bestimmten Gesellschaftsrollen. Sobald
hiernach gefragt wird, schwanken die Deutschen (vgl. den relativen
Anstieg der Antworten: „Schwer zu sagen“), was zeigt, dass die oben
genannten Wahrnehmungsänderungen in der deutschen Gesellschaft
noch nicht ausreichend verinnerlicht und gefestigt sind.
Eine Befeuerung negativer Assoziationen der Deutschen gegenüber
den Polen stellen andererseits die in der Presse breit kommentierten
Autodiebstähle in der östlichen Grenzregion seit dem Beitritt Polens
zum Schengener Abkommen dar. Auch wenn die Statistiken zeigen,
dass diese Art von Vorfällen neuerdings abnehmen – sie sind aktuell um
einiges niedriger als in den 1990er Jahren – und deutsche und polnische
Polizeibehörden erfolgreich zusammenarbeiten, können erneute
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 85
Straftaten das Bild Polens sehr leicht beschädigen. Besonders, wenn die
farbenfrohen Reportagen über die Tragödien einzelner Eigentümer, deren
Fahrzeuge gestohlen wurden, nicht gleichzeitig durch Statistiken ergänzt
werden, die die bereits vorhandenen, wenn auch langsam erzielten
Fortschritte aufzeigen. Allerdings erweist sich das Bild vom Polen als
Dieb interessanterweise eher bei Bewohnern westlicher Bundesländer
als präsent, was wiederum von der Beständigkeit der Stereotype zeugt.
Besonders auffallend ist dabei die Tatsache, dass die Einwohner der
östlichen Bundesländer ein allgemein besseres Bild von Polen haben.
Diese hatten noch in den letzten Untersuchungen eine eher größere
Skepsis oder sogar Kritik gegenüber dem östlichen Nachbarn an den Tag
gelegt als Einwohner westlicher Bundesländer. (Beispielsweise anhand
der Frage nach der Akzeptanz gegenüber Polen in unterschiedlichen
Gesellschaftsrollen.) Bis 1989 herrschte in den Beziehungen zwischen
der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen
eine von oben verordnete Freundschaft, doch in der Realität empfanden
beide Gesellschaften keine besondere Zuneigung füreinander.
Die Abneigung wurde, trotz der offiziellen Propaganda, durch das
Vorhandensein althergebrachter Vorurteile verstärkt, die auch die
Rhetorik der Machthaber prägte. Außerdem beneideten die DDRBürger Polen um die im Vergleich zu anderen Ostblockländern relative
Freiheit. Nach der Wende waren deshalb die Polen nicht besonders
beliebt. Momentan wissen die deutschen Bewohner in Grenznähe die
Möglichkeiten des billigen Einkaufens und günstiger Dienstleistungen
zu schätzen. Ebenso profitieren sie davon, wenn sich Polen in verwaisten
Regionen der östlichen Bundesländer niederlassen, die von den
ehemals dort ansässigen, gebürtigen Einwohnern zurückgelassen
wurden. Die Anwesenheit der Polen – insbesondere polnischer Ärzte
und Krankenschwestern – bewahrt auf diese Weise Grundschulen und
Krankenhäuser vor der Schließung und leere Häuser vor dem Verfall.
Ein solches Bild von Polen und seiner Bevölkerung lässt sich auch
sehr deutlich aus den Informationsquellen herauslesen, die die Befragten
angeben. Die in den Antworten genannten Wissensquellen sollten
als grundlegende Informationen für Personen dienen, die sich bei der
Gestaltung der deutsch-polnischen Beziehungen engagieren und sich für
ein positiveres Bild beider Länder einsetzen.
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86 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Das Wichtigste – direkte Kontakte
Alle Ergebnisse lassen die Tatsache erkennen, dass vor allem
unmittelbare Kontakte mit polnischen Bürgern und Aufenthalte im
östlichen Nachbarland es ermöglichen, das Bild und die Einstellung
der Deutschen deutlich zu verbessern. Dank dieser direkten Kontakte
werden die Polen als Menschen immer positiver wahrgenommen, zum
Beispiel werden einem durchschnittlichen Polen nunmehr bessere
Charaktereigenschaften zugeschrieben. Daraus lässt sich die klare
Botschaft folgern, dass man nie genug in gegenseitige Beziehungen
investieren kann; ob dies in der Form von Jugendaustausch,
Städtepartnerschaften, Wirtschaftskontakten oder Touristenbesuchen
geschieht. Die zentralen und lokalen Behörden sollten daher die
Kontakte noch stärker fördern, durch weitere gemeinsame Projekte in
den kommunalen Verwaltungen, den Austausch von Beamten oder die
Aufstockung finanzieller Mittel für das Deutsch-Polnische Jugendwerk. Die
verhältnismäßig häufige Erwähnung touristischer Sehenswürdigkeiten
Polens in den Umfragen zeugt auch davon, dass es sich lohnt, weiterhin in
Werbung für Urlaubsreisen hinter die deutsche Ostgrenze zu investieren.
Auch Besuche der Bewohner der Grenzregionen im Nachbarland zu
Einkäufen oder zum Friseur tragen zur Verbesserung
Vielfältige Möglichkeiten der Wahrnehmung Polens durch die Deutschen
direkter Kontakte zwischen
bei. Diese Personen geben an, dass gerade auch
Deutschen und Polen müssen
unterstützt werden. alltägliche Besuche solcher Art ihr Wissen über das
Nachbarland vertiefen. Die Anpassung an deutsche
Kunden in der Grenzregion ist weniger auf Pläne der Beamten in örtlichen
Rathäusern oder Regierungsbehörden zurückzuführen, sondern vielmehr
Folge eines funktionierenden Marktes. Es wäre jedoch lohnenswert,
wenn die Regulierungen, die in der Region vorgenommen werden, diese
Kontakte ebenfalls fördern bzw. nicht blockieren würden.
Die besondere Verantwortung der Medien
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen deutlich, welchen enormen
Einfluss das Fernsehen und die Presse auf das Wissen der Befragten
haben. Dies bedeutet eine ungeheure Verantwortung der Journalisten,
deren Berichte das Bild des Landes, über das sie schreiben und sprechen,
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 87
sehr stark prägen. In den Medien sind für gewöhnlich zweierlei
Materialien verfügbar – solche von deutschen Korrespondenten, die
in Polen leben, und solche von Personen, die das Land nicht kennen
bzw. kein fundiertes Wissen über aktuelle Geschehnisse darüber
haben. In beiden Fällen sind mehrere Tendenzen auffällig. Deutsche
Fernsehjournalisten besitzen meist sehr wenig Kenntnisse von Polen,
wenn sie beginnen, ihr Material zusammenzustellen. Sie müssen
sich vielfach erst in die jeweilige Thematik einarbeiten. Anders ist es
im Fall von Russland, wo das Material von Personen bearbeitet und
präsentiert wird, die sich seit Jahren mit Russland beschäftigen; so auch
die Korrespondenten. Außerdem ist das Thema Polen in den deutschen
Medien in den letzten Jahren in den Hintergrund getreten, was zu
erwarten ist, wenn die politischen Beziehungen mit dem betreffenden
Land sich verbessern oder normalisieren, wie es seit 2007 im Falle Polens
eingetreten ist. Chefredakteure halten polnische Themen gewöhnlich für
langweilig und vom deutschen Standpunkt aus für unwichtig. Es werden
daher nur Berichte veröffentlicht, wenn sich etwas Ungewöhnliches
tut, „idealerweise“ etwas Negatives. Auch dann werden die Berichte
nicht immer von inhaltlich geschulten Journalisten geschrieben, und die
Entscheidung über die Illustrationen oder die Textüberschriften werden
Personen überlassen, die wenig Gespür für die polnischen Realitäten
zeigen. Auf diese Weise entstandene Artikel übermitteln mitunter ein
verzerrtes Bild von Polen und seiner Politik. Von zentraler Bedeutung sind
in diesem Zusammenhang daher die Bildungsprogramme für Journalisten
aus Deutschland. Beispielhaft nennen lässt sich diesbezüglich etwa,
dass im Rahmen von Studienaufenthalten in Polen oder im Zuge der
Teilnahme an den Deutsch-Polnischen Medientagen, die von der Stiftung
für deutsch-polnische Zusammenarbeit und der Robert Bosch Stiftung
organisiert werden, Stereotype mit der Realität abgeglichen und wichtige
Kontakte für die spätere fundierte Berichterstattung geknüpft werden
können. Lohnenswert wäre daher die Fortführung
Die Fortführung von
und Unterstützung solcher und vergleichbarer Journalistenprogrammen
Initiativen durch beide Regierungen sowie die mit Aufenthalten in Polen
regionalen Behörden. Nicht ohne Bedeutung sind und Bildungsprojekten für
allerdings auch direkte Kontakte von Politikern und deutsche Journalisten sind
Beamten zu deutschen Journalisten.
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notwendig.
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88 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Des Weiteren lohnt es sich Programme auszubauen, die an ein breites
Publikum gerichtet sind, wie zum Beispiel „Kowalski trifft Schmidt“,
eine Koproduktion vom RBB und TV Wrocław, die zurzeit eine regionale
Reichweite besitzt und Szenen aus dem Alltagsleben von Menschen aus
der Region präsentiert. Auch die Bemühungen zugunsten der Erweiterung
des Fernsehsenders ARTE um das Polnische Fernsehen (TVP) sollten nicht
nachlassen. Die Bedeutung dieses Schrittes würde sicherlich über die
deutsch-polnischen Beziehungen hinausreichen, da hier eine trilaterale,
deutsch-polnisch-französische Zusammenarbeit angestrebt ist. Eine
derartige Weiterentwicklung des Sendeformats würde vor allem der
weiteren Aufklärung und Annäherung der Eliten nützen.
Die Bedeutung von Bildung und Kultur
Die hauptsächliche Verantwortung für den Grad der Vermittlung von
Allgemeinwissen über Polen in Deutschland trägt noch immer die Schule,
auch wenn sie nicht an erster Stelle genannt wird. Ihr schwacher Einfluss
auf die Gestaltung des Allgemeinwissens über Polen korrespondiert
negativ mit der (verfehlten) Bildungsrolle der Medien. Dies ist zum
Beispiel anhand der Antworten auf die Frage zu erkennen, ob in Polen ein
Parteiensystem ähnlich dem in westeuropäischen Staaten existiert. Die
mangelnden Veränderungen in der Beurteilung des Systems deuten auf
eine inadäquate Informiertheit der Journalisten hin, aber auch auf große
Lücken in der Allgemeinbildung über Polen. Dies ist nicht erstaunlich,
wenn man bedenkt, dass in der Schule keine Zeit für die Behandlung
der jüngsten Geschichte und Politik bleibt, und die Schulbildung oft im
19. oder 20. Jahrhundert endet, einer Periode, in der der polnische Staat
nicht existierte, auf der politischen Bühne schwach war oder sich im
Kriegszustand mit Deutschland befand. Diesen Zustand wird auch das
neu geschaffene deutsch-polnische Geschichtsbuch nicht beheben
können, da seine Wirkung nicht breit genug angelegt ist. Notwendig
sind vor allem klare Empfehlungen seitens der Landesministerien, die
für die Lehrpläne und deren Umsetzung in den
Es lohnt sich, in Programme Schulen verantwortlich sind. Erneut ist hier die
des Deutsch-Polnischen
Notwendigkeit zu erkennen, dass es sich lohnt, in
Jugendaustausches zu
investieren. den Jugendaustausch oder andere direkte Kontakte
zu investieren, die es erlauben, das eigene Wissen
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 89
im Nachbarland zu überprüfen und zusätzliche persönliche Eindrücke
vor Ort zu sammeln.
Außerdem ist der verschwindend geringe Anteil an Wissen, das aus
polnischen Büchern und Filmen bezogen wird, als ein wichtiger Auftrag
an die polnische öffentliche und kulturelle Diplomatie zu begreifen. Es
lohnt sich, Texte zeitgenössischer polnischer Literatur ins Deutsche zu
übersetzen oder polnische Filme auch außerhalb Berlins, wo jedes Jahr
das Festival „Film Polska“ veranstaltet wird, zu propagieren.
Der Bereich der Kultur, besonders derjenige, der als „Hochkultur“
verstanden wird, wird allerdings immer eher geeignet sein, Eliten zu
erreichen statt den „durchschnittlichen Normalbürger“. Für Letzteren
könnte der Fußball, und konkret die Erfolge polnischer Spieler in
führenden deutschen Mannschaften, von größerer Bedeutung für die
Entdeckung Polens als interessantes, erfolgreiches Land sein.
In diesem Fall ist es natürlich schwierig, konkrete Empfehlungen
auszusprechen. Daher sollte man andere, für den deutschen
Durchschnittsbürger wichtige Symbole, etwa das Auto oder Bier, nutzen,
um weiteres Interesse und positive Assoziationen zu wecken. Es wird
beispielsweise mit Anerkennung bemerkt, dass auf den Straßen deutscher
Städte polnische Busse der Firma Solaris fahren.
Auch polnische Brauereien ernten gute Kritik. Und
auch die Deutsche Bahn wählte Züge polnischer
Produktion, als sie 2012 einen Vertrag mit der Firma
Pesa aus Bydgoszcz unterzeichnete. Fakten dieser
Art gilt es bei unterschiedlichen Anlässen bekannt
zu machen, vor allem, wenn sie an ein breites
Publikum gerichtet sind.
Polnische Züge, Busse und
polnisches Bier erfreuen sich
in Deutschland zunehmend
eines guten Rufs. Dies gilt
es bei der Vermittlung
gegenüber der breiteren
deutschen Öffentlichkeit klar
hervorzuheben.
Gemeinsame Herausforderungen für die Eliten
Die dargestellten Ansätze zur Verbesserung des Bildes der Polen und
ihres Landes in Deutschland stellen eine ernsthafte Herausforderung für
die Eliten dar – sowohl auf deutscher, als auch auf polnischer Seite. Diese
sollten sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen dafür
Sorge tragen, dass diese positive, in den deutschen meinungsbildenden
Schichten vorhandene Wahrnehmung Polens weitere Kreise zieht. Die
Zufriedenheit mit dem aktuellen Status quo und mit der Besserung der
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90 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
gegenseitigen Beziehungen stellt die größte Gefahr für die gegenwärtigen
deutsch-polnischen Beziehungen dar. Es muss ganz klar gesagt werden –
wir sind auf dem richtigen Weg, aber vieles ist noch
Es muss deutlich gesagt
zu tun. Ein Nachlassen in den weiteren Bemühungen
werden – wir sind auf dem
richtigen Weg, aber vieles ist könnte zu einem bestimmten Moment nicht nur
noch zu tun. eine Verlangsamung der Verständigung zur Folge
haben, sondern gar einen Schritt zurück bedeuten.
Stereotype sind sehr beständig und ihre Überwindung erfordert viel
Aufwand, wie die hier vorgelegten Untersuchungsergebnisse zeigen.
Indessen liegen im Interesse beider Länder und ihrer Eliten nicht nur
sehr gute Beziehungen auf politischer Ebene, sondern auch die in beiden
Gesellschaften verinnerlichte Überzeugung, dass das jeweils andere Land
und seine Bürger ein guter, solider und interessanter Partner ist und sein
wird.
In Polen sollte man weder Kosten noch Mühe scheuen, die
gegenseitigen Kontakte beider Gesellschaften zu vertiefen und die
öffentliche Diplomatie auszubauen, die, wie oben beschrieben, an den
deutschen Bürger gerichtet ist. Aufgabe der Eliten ist es ebenfalls, die sich
stetig verbessernden Werte, die Polen in internationalen Ratings erzielt,
an deutsche Kollegen sowie möglichst breit in die deutsche Gesellschaft
hinein zu übermitteln. Die positiven Bewertungen der Entwicklung der
innerstaatlichen Situation Polens, zum Beispiel in den OECD-Berichten,
zeigen, dass Polen den westlichen Ländern in einigen Bereichen in
nichts nachsteht. Solche Angaben erhöhen die Chance, das Bild Polens in
Deutschland zu verbessern, wenn sie adäquat verbreitet werden.30
Ihrerseits sollten die deutschen Eliten aber nicht davon ausgehen,
dass das positive Bild von Polen, das sie selbst haben, von der
breiten Bevölkerung geteilt wird. Die Untersuchungsergebnisse
verdeutlichen, dass dies nicht der Fall ist. Daher stehen die deutschen
meinungsbildenden Schichten vor der Herausforderung, Stereotypen
Die deutschen Eliten sollten
sich bemühen, ihr eigenes
positives Bild von Polen der
breiten Öffentlichkeit zu
vermitteln.
zu erklären und abzubauen, sowie das vorhandene
positive Bild vom Nachbarn im Osten weiter
gesellschaftlich zu verbreiten. Dies sollte in
politischen Ansprachen geschehen, bei denen Polen
als wichtiger Partner hervorgehoben wird. Es sollten
30 Better Life Initiative: Measuring Well-Being and Progress, http://www.oecdbetterlifeindex.org/
poland/ Zugriff am 11.06.2013
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 91
deutsch-polnische Projekte initiiert und weit verbreitete, unwahre oder
veraltete Überzeugungen durch Fakten und statistische Daten widerlegt
werden. Zum Beispiel sollten fundierte Angaben zur Grenzkriminalität
möglichst weit vermittelt werden, damit diese auch Journalisten, lokale
Organisationen und Behörden erreichen. Gleichzeitig sollte dafür Sorge
getragen werden, dass die Kooperation der Grenzbehörden verstärkt
wird. Ihrer weiteren Festigung soll darüber hinaus der deutsch-polnische
Vertrag über die Zusammenarbeit der Polizei vom Jahre 2002 dienen,
dessen Novellierung bevorsteht, welche jedoch schon seit einiger Zeit
auf sich warten lässt. Entsprechend unterstützt und vor allem als Symbol
für die deutsch-polnische Annäherung hervorgehoben werden sollten die
gemeinsamen deutsch-polnischen Polizeieinsätze sowie die Arbeit des
gemeinsamen Deutsch-Polnischen Zentrums für die Zusammenarbeit der
Grenz-, Polizei- und Zollbehörden in Świecko.
Aufgaben für die Politik
Im Vergleich mit den unbefriedigenden Ergebnissen zum Bild der
Polen und ihres Landes in Deutschland fallen die Antworten auf die
Fragen zur Politik dagegen sehr gut aus. Die beste Beurteilung der
deutsch-polnischen Beziehungen, die seit Jahren gegeben wurde,
spiegelt den realen Stand der Dinge der Beziehungen wider, welche in
der Tat als sehr gut bezeichnet werden können. Die Bevölkerung nimmt
die Veränderungen wahr, die in Polen und in den deutsch-polnischen
Beziehungen vor sich gehen. Gleichzeitig sollte man aber auch in
diesem Fall nicht vergessen, dass sich solche positiven Ansichten nicht
postwendend einstellen, sobald sich die Beziehungen der Regierenden
verbessern. Die Kontakte auf höchster Regierungsebene – denn daran
denken die Befragten bei der Antwort auf diese Frage am häufigsten –
haben sich seit 2007, dem Jahr des Regierungswechsels an der Weichsel
hin zur Koalition von PO und PSL, vergleichsweise schnell verbessert.
Dies fand allerdings nicht sofort eine Entsprechung in den Ergebnissen
der Umfragen – die Antworten von 2008 zeigten, dass in der deutschen
Bevölkerung nach wie vor die Überzeugung herrschte, die deutschpolnischen Beziehungen seien nicht gut.
Auch in den Untersuchungen des Instituts für Demoskopie Allensbach
im Auftrag der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit von 2011
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92 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
bewertete knapp eine Hälfte der Befragten (48%)31 die Beziehungen als
gut. Dies bestätigt wiederum die These, dass ein gutes Bild sich über
Jahre hinweg mühevoll herausbildet, und dass es leicht ist, dieses schnell
wieder zu zerstören. Zusätzlich besteht die Verbessung und Bedeutung
des gegenwärtigen Ergebnisses darin, dass es fast identisch ist mit den
Aussagen der Polen aus dem Jahr 2012. Eine solche Annäherung der
Standpunkte hat es selten gegeben.
Diesem Umstand kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn man die
Tatsache bedenkt, dass Deutschland und Polen als Partner in Europa vor
konkreten und ganz und gar nicht einfachen Herausforderungen stehen.
Die gemeinsame Ostpolitik, darunter die Vorgehensweise gegenüber
Russland, stellt eine von vielen Herausforderungen dar. Daher erfreut
es umso mehr, dass die deutsche Gesellschaft in diesem Punkt eine
Interessengemeinschaft Deutschlands mit Polen sieht. Eine weitere
Herausforderung stellt der Beitritt Polens zur Eurozone dar, mit dem
polnischen Ziel, für Deutschland zum vollwertigen Partner in der EU32
zu werden und zur weiteren gemeinsamen Stärkung der Gemeinschaft
beitragen zu können.
Deutschland und Russland – ein langer Weg
In den 1990er Jahren hatten die Deutschen ein positives Bild von
Russland. Michail Gorbatschow wurde als Politiker wahrgenommen,
der wesentlich zur friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands
beigetragen hatte. Auch Wladimir Putin erfreute sich zu Anfang seiner
Regierungszeit eines Vertrauensvorschusses seitens der Deutschen. Einen
Wendepunkt in der Wahrnehmung Russlands in Deutschland bildeten
die Verhaftung Michail Chodorkowskis im Jahr 2003 und das langjährige
negative Medienecho, welches diese hervorrief. Seitdem hat sich das
Bild verschlechtert. Die Rückkehr Wladimir Putins ins Präsidentenamt im
Frühjahr 2012 trug zum negativen Bild Russlands bei. In den letzten Jahren
verschonten die Medien Russland, insbesondere Präsident Putin und die
machthabenden Eliten, nicht. Zur Verletzung demokratischer Grundrechte
äußern sich sowohl deutsche Regierende wie auch Vertreter der
Opposition. Die Tatsache, dass russische Nichtregierungsorganisationen,
31 Institut für Demoskopie Allensbach, ebd.
32 Mehr zum Thema: A. Łada, Floskeln oder Fakten? Polen und Deutschland auf dem Weg zu
Polens Euroeinführung, Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau 2013.
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 93
die Unterstützung mittels ausländischer Finanzmittel erhalten, sich als
westliche Agenten registrieren müssen, dass Büros deutscher politischer
Stiftungen durchsucht wurden und ihre Ausstattung teilweise konfisziert
wurde, hat ein breites Echo in den führenden deutschen Medien gefunden
und rief allgemeine Entrüstung hervor. Daher verwundert das in den
Untersuchungsergebnissen sichtbar gewordene negative Russlandbild
kaum. Es ist letztlich auch die Folge der demokratiefernen Realität dieses
Landes.
Dies heißt nicht, dass es in den deutschen meinungsbildenden Kreisen
keine Personen gibt, die ihre Augen vor den Rechtsverstößen in Russland
verschließen und dennoch, ohne besondere Beachtung der politischen
Umstände, eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit fordern. Solche
Stimmen gibt es noch immer in den Reihen der politischen Parteien –
sowohl unter den Christdemokraten als auch unter den Sozialdemokraten
– sowie unter Vertretern der Wirtschaft. Generell ist der Ton gegenüber
Russland zwar negativ. In diesem Fall sind die Ansichten der Eliten und der
Gesellschaft ähnlich – im Gegensatz zur Wahnehmung Polens. Weiterhin
stehen jedoch Wirtschaftsinteressen an erster Stelle, und Russland gilt
als wichtiger Partner in diesem Bereich. Dies spiegelt sich ebenso in den
Untersuchungsergebnissen wider. Trotz dieses katastrophalen Bildes von
Russland als einem Land mit gelenkter Demokratie, Das Bild Russlands
das die Grundrechte nicht achtet, werden dennoch ist zwiespältig: Das
Investitionen und Wirtschaftsentwicklungen katastrophale Bild des
positiv assoziiert. Daraus ergibt sich ein quasi Landes und seiner Politik
zwiespältiges Bild von Russland. Hinzu kommen die mit Blick auf die politischen
Zustände steht der positiven
Beurteilung der Wirtschaft
gleichzeitig als Land der Armut und des Reichtums
gegenüber.
völlig unterschiedlichen Assoziationen, die Russland
beschreiben.
Eben dieses zweidimensionale Bild – zum einen negativ, was die
Politik anbelangt, zum anderen positiv, was die Wirtschaft betrifft – führt
dazu, dass es bei den Antworten auf die Frage, ob Deutschland gegenüber
Russland eher auf Kompromisse oder auf die Verteidigung eigener
Interessen ausgerichtet sein sollte, zu unterschiedlichsten Aussagen der
Befragten kommt. Diese Ambivalenz kann man auch bei der Frage nach
den gegenseitigen deutsch-russischen Beziehungen beobachten – hier ist
die deutsche Gesellschaft in zwei Gruppen gespalten.
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94 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Die Ursachen für die Bilder von Polen und Russland in Deutschland
sind verschieden, daher sind auch die Empfehlungen zur Verbesserung
der Beziehungen zum jeweiligen Land unterschiedlich. Bezüglich
Russland geht dies allerdings über die Möglichkeiten dieser Studie hinaus.
Die Ergebnisse zeigen auffällig, dass das Bild Russlands nicht davon
bestimmt ist, ob die Befragten in der Vergangenheit das Land besucht
haben. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass vergleichsweise
wenige Deutsche nach dem Zerfall der Sowjetunion in Russland
waren, was die eindeutige Formulierung von Assoziationen erschwert.
Wahrscheinlich haben sogar diejenigen, die in Russland waren, eher
negative Ansichten über die Zustände im Land entwickelt. Die Situation
stellt sich somit nicht als mit Polen vergleichbar dar, wo deutlich zu
erkennen ist, dass der Besuch im Land und Beziehungen zu polnischen
Bürgern helfen, Stereotype abzubauen.
Die mit Russland verbundenen Stereotype, vor allem die dominierende
Assoziation mit dortigem Alkoholkonsum, werden wahrscheinlich eher
durch die Wahrnehmung reicher Russen bestätigt, die nach Westeuropa,
nach Deutschland oder in Urlaubsorte kommen, wo bisher deutsche
Touristen dominierten. Zudem ist eines der wenigen russischen Produkte,
das in den deutschen Medien zahlreich beworben wird, der Wodka.
Deutsche Medien sind hingegen nicht explizit antirussisch. Ihre
kritische Berichterstattung bezieht sich vor allem auf die russischen
Machthaber, nicht so sehr auf die Gesellschaft. Die Journalisten, die sich
mit Russland beschäftigen, sind hervorragend vorbereitet, kennen die
Sprache und besitzen Lebenserfahrung in russischsprachigen Milieus.
Daher sind ihre Analysen ausgefeilt und fußen auf breiten Erkenntnissen.
Trotz solcher Voraussetzungen leistet das Russlandjahr in
Deutschland, weitgehend nichtbeachtet seitens der Bevölkerung,
keinen Beitrag zur positiven Entwicklung des Russlandbildes. Dieses Bild
hängt vielmehr vor allem von Demokratisierungsprozessen ab, deren
Durchführung vom Staat und den dortigen Eliten erwartet wird. Bis die
innere Situation sich dort nicht verbessert hat, kann man schwerlich
große Veränderungen des Urteils vonseiten der deutschen Gesellschaft
erwarten.
Nach der zunächst positiven Wahrnehmung Russlands in den
1990er Jahren und den Enttäuschungen des letztens Jahrzehnts sind
die Deutschen zu einer eher abwartenden Haltung übergegangen. Vom
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Schlussfolgerungen und Empfehlungen 95
Standpunkt der Wirtschaft aus betrachtet, ist Russland ein sehr wichtiger
Partner, doch politisch hat es in den vergangenen Jahren sehr an Ansehen
eingebüßt. Das Bild Russlands hängt davon ab, welche Richtung Russland
in nächster Zukunft auf internationaler Bühne einschlägt und ob es einen
proeuropäischen Weg verfolgen wird oder sich weiterhin als Großmacht
geriert.
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96 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
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ZU DEN AUTOREN
Dr. Jacek Kucharczyk – Vorstandsvorsitzender des Warschauer Instituts
für Öffentliche Angelegenheiten. Promovierter Geisteswissenschaftler
am Institut für Soziologie und Philosophie der Polnischen Akademie der
Wissenschaften. 1991 Master of Arts in Philosophie an der University
of Kent in Canterbury. Stipendiat des Pew Fellowship an der New
School for Social Research in New York. Mitbegründer und ehemaliger
Vorstandsvorsitzender der Policy Association for an Open Society (PASOS),
Vorstandsmitglied im European Partnership for Democracy in Brüssel.
Vorstandsmitglied des Think Tank Fund am Open Society Institute.
Spezialisierung auf folgende Bereiche: Außen- und Europapolitik Polens,
transatlantische Beziehungen, Förderung der Demokratie, Populismus,
Korruptionsbekämpfung, good governance.
Dr. Agnieszka Łada – Leiterin des Europa-Programms und Senior
Analyst am Warschauer Institut für Öffentliche Angelegenheiten.
Promotion in Politikwissenschaft an der Universität Warschau.
Studium der Politikwissenschaft in Berlin sowie Aufbaustudium in
Organisationspsychologie in Dortmund. Visiting fellow am Brüsseler
European Policy Centre (2011), visiting research fellow an der University
of Sussex (2012), Visiting Scholar am Alfred von Oppenheim Centre for
European Policy Studies, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
(2013), Vorstandsvorsitzende der Policy Association for an Open Society
PASOS (2011-2012), Ratsmitglied des Deutsch-Polnischen Jugendwerks,
Mitglied des Wissenschaftsrates des Institute for Western Affairs in
Poznań und Mitglied der Kopernikus-Gruppe. Spezialisierung auf folgende
Bereiche: EU-Institutionen, insbesondere Europäisches Parlament und EURatspräsidentschaft , Deutschland und deutsch-polnische Beziehungen,
polnische Außen- und Europapolitik, Wahrnehmung Polens im Ausland
bzw. der Ausländer in Polen.
Cornelius Ochmann – Direktor der Stiftung für deutsch-polnische
Zusammenarbeit seit 1.8.2013. Osteuropa-Experte der Bertelsmann-
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98 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Stiftung (1994-2013). Studium der Politikwissenschaft, Osteuropäischen
Geschichte und Slavistik an der Universität Mainz. Research fellow am
Europäischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften
(1992), research fellow am Institut für Politikwissenschaft der Universität
Mainz (1993–1994), visiting fellow am Institut für Politikwissenschaft der
Hebräischen Universität Jerusalem (1999), visiting professor am Freien
Deutsch-Russischen Institut für Journalismus der Staatlichen Universität
Moskau. Spezialisierung auf folgende Bereiche: Transformationsprozesse
in Mittel- und Osteuropa unter besonderer Berücksichtigung Polens und
Russlands.
Łukasz Wenerski – Analyst und Projektkoordinator des EuropaProgramms am Warschauer Institut für Öffentliche Angelegenheiten.
Absolvent der Nikolaus-Kopernikus-Universität Thorn (Bachelor-Abschluss
in Internationale Beziehungen und Europäistik) und des Europäischen
Zentrums der Universität Warschau (M.A. in Europäistik). Spezialisierung
auf folgende Bereiche: EU-Ostpolitik, Russland, Östliche Partnerschaft,
polnische Außen- und Europapolitik.
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Publikationen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten
zum Thema deutsch-polnisch-russische Beziehungen sowie
die gegenseitige Wahrnehmung in den letzten Jahren auf Deutsch
und Englisch
Grzegorz Gromadzki, Jacek Kucharczyk, Agnieszka Łada, Cornelius Ochmann, Łukasz Wenerski, Menschen – Geschichte – Politik. Russische
Ansichten zu Polen und Deutschen, Warschau 2012
Agnieszka Łada, Floskeln oder Fakten? Polen und Deutschland auf dem
Weg zu Polens Euroeinführung, Warschau 2012
Agnieszka Łada, Floskeln oder Fakten? Das Programm der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit auf dem Prüfstand, Warschau 2012
Agnieszka Łada, Deutsch-polnisches Barometer 2012. Polnische Ansichten
zur Rolle Deutschlands in Europa und zu den deutsch-polnischen Beziehungen, Warschau 2012
Agnieszka Łada, Justyna Segeš Frelak (Hg.), Eine Grenze verschwindet. Die
neue polnische Migration nach Deutschland aus lokaler Perspektive,
Warschau 2012
Agnieszka Łada, Das Erscheinungsbild der polnischen Erwerbsmigration
nach Deutschland im Spiegel der polnischen und deutschen Presse,
Warschau 2012
Elżbieta Kaca, Agnieszka Łada, Zusammen oder getrennt? Die Östliche
Partnerschaft in der Politik Polens und Deutschlands, Warschau 2011
Joanna Fomina, Justyna Frelak, The Perception of Poland and Poles in
Great Britain, Warsaw 2011
Agnieszka Łada, Blicken wir in die Zukunft. Die Meinung der Polen über
die deutsch-polnische Zusammenarbeit und die Bedeutung der Geschichte in den deutsch-polnischen Beziehungen, Warschau 2011
Agnieszka Łada (Hg.) Elżbieta Kaca, Kai-Olaf Lang, Jan Peters, Russland
heute und morgen. Meinungen deutscher und polnischer Experten,
Warschau 2010
Agnieszka Łada, 20 Jahre später. Das Meinungsbild in Polen über die Vereinigung Deutschlands und die deutsch-polnischen Beziehungen 20
Jahre nach der Wiedervereinigung, Warschau 2010
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100 Im Osten was Neues? Das Bild Polens und Russlands in Deutschland
Lena Kolarska-Bobińska, Agnieszka Łada (Hg.), Polen und Deutsche. Ihr gegenseitiges Bild und ihre Vision von Europa, Warschau 2009
Beata Ociepka, Agnieszka Łada, Jarosław Ćwiek-Karpowicz, Die Europapolitik Warschaus und Berlins in der deutschen und polnischen Presse,
Warschau 2008
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