Auf dem Pferderücken ins Herz Polens
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Auf dem Pferderücken ins Herz Polens
MAIN-ECHO VOM SAMSTAG / SONNTAG, 22. / 23. JUNI 2013 WOCHENENDMAGAZIN Essen &Trinken Obst statt Pommes auf dem Kindergeburtstag S. 3 Kinder-Echo Paula Print besucht Grabungsarbeiten in Rottenberg S. 6 Reise Ein Streifzug am Ostufer entlang des Gardasees S. 4 Im Trab durch die Felder bei Peczniew: Lange, gerade Sandwege bieten Wanderreitern im Nordwesten der Industriestadt Lodz hervorragende Möglichkeiten, die Natur vom Sattel aus zu erkunden. Fotos: Tomasz Dronka (5), Sabine Balleier (7) Auf dem Pferderücken ins Herz Polens Wanderreiten: Die Woiwodschaft Lodz setzt auf Tourismus im Sattel – Längstes Reitwegenetz Europas verbindet 400 Baudenkmäler Von Sabine Balleier N ein. So richtig dicke Freunde werden Bascha und ich nicht. Eigentlich macht die kleine Rothaarige ihre Sache richtig gut. Sie ist brav, flott und verzeiht jeden Fehler. Aber Bascha hat eine Persönlichkeitsstörung. Sie ist abhängig. Abhängig von Max, ihrem großen, kräftigen Kumpel. So lange sie an seiner linken Seite läuft, kann sie nichts erschüttern. Aber wehe, Max entfernt sich. Dann ist die kleine Fuchsstute, eine Kreuzung aus feurigem Araber und kräftigem Polen, kaum zu bändigen. Der Reiter im Sattel wird zum Beifahrer, das kleine Pferdchen tänzelt, wiehert und zieht so lange am Zügel, bis es die Nase wieder in Max' linke Seite stecken kann. Nach wenigen Runden auf dem Reitplatz des Stalls Stara Dabrowa im polnischen Verwaltungsbezirk Lodz (sprich polnisch Wudsch) beschließe ich, in den nächsten Tagen Der Palast des Fabrikanten Israel Poznanski in Lodz beherbergt heute ein Museum. In Poznanskis alten Fabrikgebäuden ist das Kulturzentrum Manufaktura entstanden. Die Piotrkowska-Straße ist die Lodzer Prachtmeile mit Geschäften und Restaurants. nicht zu reiten. Ich werde mich tragen lassen. Bascha soll einfach unbehelligt an Max' Seite laufen und mir einen kleinen Teil des Reitwegenetzes zeigen, das die Polen in den vergangenen drei Jahren in der Woiwodschaft Lodz ausgewiesen haben. Eine anstrengende Diskussion zwischen Pferd und Reiter bringt da nur eines: ein getrübtes Vergnügen für beide Beteiligte. Der gesamte Bezirk rund um die einstige Textilindustrie-Metropole ist durchzogen von rund 2000 Kilometern ausgewiesenen Reitwegen, einer Infrastruktur für für reitende Touristen, die in den vergangenen drei Jahren entstanden ist. »Jede Destination versucht, ihre eigene Zielgruppe zu finden«, er- klärt Projektmanager Piotr Wandachowicz. »Die Tschechen gehen auf die Golfer. Wir hier haben eine lange Tradition mit Pferden.« Auch Dariusz Domagała und seine Frau Izabela sind echte Pferdemenschen. Sie gehören zu den Wanderrittführern, die eigens für die Begleitung von Touristengruppen aus- gebildet worden sind. Dariusz, genannt Darek, entschuldigt sich für Max und Bascha. »These horses are not educated«, sagt er, »die Pferde sind nicht ausgebildet.« Er musste sie von einem Bekannten ausleihen, weil zwei eigene Pferde der Domagałas nicht fit sind. Um sie zu schonen, bleiben sie daheim. Die Achtsamkeit beginnt bereits beim Satteln. Darek und Izabela überprüfen jedes Pferd, jede Satteldecke, bevor sie die Reiter aufsteigen lassen. Selbst die kleinste Falte würde dem Tier in den kommenden Stunden zur Qual. 30 Kilometer liegen vor uns. Da muss alles passen – für die Reiter übrigens auch. Eine Druckstelle am Sattel, eine schlecht sitzende Unterhose werden auf die Distanz zur Tortur. Die Wege im Nordwesten der Woiwodschaft Lodz sind für den bergerprobten Spessartreiter eine Wonne: Kilometerlang führen sie auf kleinen Dämmen geradeaus an Flussläufen entlang, auf sandigem Untergrund Lesen Sie weiter auf Seite 2 Entspannt tragen die polnischen Pferde ihre deutschen Gastreiter durch die weitläufigen Mischwälder bei Uniejow.