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2 | MAGAZIN SAMSTAG/SONNTAG, 22./23. JUNI 2013 Hintergrund: Der Lodzer Reitweg Tourplanung: Der Blick in die Karte beim Frühstück hilft bei der Orientierung. Der Mühlenhof in Uniejow bietet nicht nur Übernachtungen in historischer Kulisse, sondern auch Ausflüge in der Kutsche. ohne Anstieg und Gefälle durch weite Kiefernwälder, auf ruhigen Nebenstraßen durch die idyllischen Dörfer Zentralpolens. Der Hof der Domagałas liegt in den Feldern. Die ersten Meter führen auf tiefen Sandwegen durch den Wald, an ein, zwei Nachbarhöfen vorbei in die Felder. In ruhigem Tempo folgen wir einem kleinen Bachlauf, durchqueren ein Unterholz, und dann liegt er plötzlich vor uns: der fast 20 Quadratkilometer große Jeziorsko-Stausee. Wasser, so weit das Auge reicht, sandige Ufer, Grün. Eigentlich ist der See beliebt bei Surfern und Seglern, doch an einem windstillen Tag wie diesem sind wir allein. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Nur das gelegentliche Schnauben der Pferde durchbricht die Stille. Gelassen über den Staudamm Bascha macht ihre Sache prima. Die kleine Stute stolpert nie, lässt sich weder von kläffenden Hunden noch plätschernden Bächen irritieren – so lange Max an ihrer Seite ist. Nur, als aus einem Garten der Geruch lodernden Feuers in ihre Nüstern zieht, schreckt sie kurz zurück. Ansonsten trottet Bascha einfach brav der Gruppe hinterher, in die sie nicht einmal gehört. Selbst bei der Überquerung des Staudamms am nördlichen Ende des Sees bleibt die kleine Stute ruhig – obwohl rechts die Lastwagen vorbeidonnern und links der Abgrund mit Wasser droht. Am Ufer der Warthe machen wir Mittagspause, im Schatten einiger Bäume, das Geplauder untermalt vom sanften Plätschern des Flusses. Die Pferde rasten auf einer eigens abgeteilten Wiese und füllen sich die Bäuche mit frischem, grünem Gras, während die Menschen in die Grillwurst beißen. Urlaubsziel Uniejow Nach etwa einer halben Stunde geht es am Fluss entlang Richtung Norden nach Uniejow. Der Kurort mit Wurzeln im 12. Jahrhundert gehört zu den beliebten Urlaubszielen im Herzen Polens. Ein Schwimmbad, gespeist von Thermalquellen, das Stadtzentrum mit historischen Bauten und die um 1350 erbaute Burg sind die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Auch die Wanderreiterstation Zagroda Młynarska (Mühlenhof) etwas außerhalb der Ortschaft ist an sich schon eine touristische Attraktion. Die Anlage besteht aus fünf historischen Objekten, die auf dem Areal wieder aufgebaut wurden. Die zwei alten Mühlen sind das weithin sichtbare Wahrzeichen. Außerdem gehören eine alte Scheune und Stallgebäude, ein Herrenhaus mit Gästezimmern und ein Gasthaus zum Komplex. Entlang der Warthe verläuft der Reitweg über lange Strecken auf einem kleinen Damm. Während der Mittagspause am Ufer der Warthe liegen die Sättel im Gras. Ab und zu führt der Weg durch die typischen, kleinen Dörfer Zentralpolens. Bascha und Max kommen in Boxen unter, die kleine Herde von Darek und Izabela übernachtet auf der Weide. Um ihre Pferde kümmern sich die beiden selbst, obwohl es auf dem Hof einen Stallmeister gibt, der die Versorgung nach einem langen Ritt übernimmt, wenn den Menschen die Hinterteile schmerzen. Die müden Reiter erwartet in der reetgedeckten Kate eine typisch polnische Mahlzeit mit gegarten Würsten, Rippchen oder Forelle. Dazu gibt es Bier. Darüber hinaus haben Touristen vielfältige Möglichkeiten, das Wanderreiten mit einem Rahmenprogramm zu verbinden: zum Beispiel die Natural-Horsemanship-Kurse von Darek Domagała oder ein Ausflug nach Lodz. Die Bezirkshauptstadt überrascht mit beeindruckenden alten FabrikantenVillen, Museen Ein guter Ausgangspunkt Wer das Ambiente schätzt, kann den Mühlenhof problemlos mehrere Tage lang als Ausgangspunkt nutzen: Die geraden, breiten Sandwege rund um Uniejow eignen sich hervorragend für ausgedehnte Rundritte. In den Wäldern wie denen Richtung Ostrowsko stoßen Gruppen zu Pferd oft auf Störche, große Fliederhaine im Frühjahr, idyllische Ortschaften und alte, deutsche Friedhöfe. Überhaupt hat die Woiwodschaft Lodz mehr Sehenswürdigkeiten zu bieten, als der (westeuropäische) Besucher erwartet: Die Routen des Reitwegenetzes führen vorbei an mehr als 1000 Sehenswürdigkeiten. Zum Teil können sie vom Sattel aus besichtigt werden – wie die alte Burg in Uniejow, wo Reiter standesgemäß hoch zu Ross in den Burghof einziehen können. Ärger oder Konflikte gibt es deswegen nicht: Pferde sind in der Gegend gern gesehen; viele Menschen bleiben stehen, wenn die Gruppe auftaucht, winken, grüßen freundlich. Wasser, so weit das Auge reicht: Der Jeziorsko-Stausee erstreckt sich über fast 20 Quadratkilometer. und nicht zuletzt dem Einkaufs- und Kulturzentrum Manufaktura. Dieses ist auf dem 30 Hektar großen Gelände der ehemaligen Baumwollspinnerei von Israel Kalmanowicz Poznanski entstanden. Entspannung nach einem langen Ritt bietet ein Besuch in der Therme von Uniejow. Das mineralhaltige Wasser soll übrigens auch gegen Hautprobleme helfen – an wunden Reiterhinterteilen sogar vollkommen schmerzfrei. Ein perfektes Team dank pferdegerechter Kommunikation: Darek Domagała und seine Stute Nebraska. Der Lodzer Reitweg wurde mit Fördermitteln der Europäischen Union eingerichtet. Sie stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Die insgesamt 2000 Kilometer Reitwege durchziehen die gesamte Woiwodschaft Lodz mit einer Fläche von mehr als 18 000 Quadratkilometern – etwa ein Viertel Bayerns. Dazu zählen acht Landschaftsschutzgebiete. Drei Jahre dauerte es, die erforderliche Infrastruktur zu schaffen. Unter anderem wurden an die 2000 Wegweiser und Informationstafeln aufgestellt. Die Gesamtkosten für das Projekt beliefen sich auf etwa acht Millionen Euro. 200 Ställe in der Woiwodschaft Lodz stellen insgesamt rund 2000 Pferde für Ausritte, aber auch Übernachtungsmöglichkeiten. Einer von ihnen ist die Reitanlage Stara Dábrowa (Alte Eichen) von Dariusz und Izabela Domagała in Peczniew. Sie bieten neben geführten Wanderritten auch Lehrgänge im Umgang mit dem Pferd wie Natural Horsemanship und Persönlichkeitsbildung mit dem Partner Pferd (Horse Assisted Education), aber auch spezielle Sitzschulungen, die vor allem die Beweglichkeit des Beckens in den Mittelpunkt stellen. Englischsprachige Informationen im Internet unter www.stajnia-stara-dabrowa.pl oder www.horseriding.pl. Übernachtungsmöglichkeiten und Pferde sowie eine Yorkshire-Terrier-Zucht bietet unter anderem auch Agnieszka Kozanecka-Fajst im Reitstall Rudej Wiedzmy (Rote Hexe). Die Homepage http://stajniarudejwiedzmy.webnode. com ist bislang ausschließlich in polnischer Sprache verfügbar. Entlang des Reitwegenetzes gibt es 30 Auskunfts- und Monitoringstellen. Touristen finden dort Computer, Drucker, Telefon und HandyLadestationen. Die Zentren halten Informationen über die Touren bereit, Reiter können Landkarten mit ihren Strecken ausdrucken oder den Verlauf auf Handy oder Navigationsgerät laden. Die Stationen verleihen Navigationsgeräte. Mit deren Hilfe sind Reiter auch im Notfall zu orten und für Rettungsdienste leicht auffindbar. 21 Raststationen stehen den Reitern auf dem Wegenetz zur Verfügung. Sie sind ausgestattet mit Paddocks, Anbindemöglichkeiten und Tränken für die Pferde, Tischen und Bänken für die Menschen, überdachten Aufenthaltsbereichen und zum Teil auch Grillmöglichkeiten. Touren für Wanderreiter sind seit Anfang Juni über Reisebüros buchbar. Gruppen werden Rittführer zur Seite gestellt, die sie begleiten. Sie sind vom Ministerium zertifiziert und in Erster Hilfe geschult. Ein Wanderritt kostet inklusive Übernachtung, Verpflegung und Gepäcktransport, Pferd, Versicherungen und Führer um die 100 Euro pro Tag. Hinzu kommen Anreise und Eintrittsgelder für Sehenswürdigkeiten. Wer statt in der einfachen Wanderreiterstation lieber in klassifizierten Hotels übernachtet, muss um die 120 Euro pro Tag rechnen. Informationen gibt es über das Lodzer Marschallamt (Urzád Marszałkowski w Łodzi), Abteilung für Körperkultur, Sport und Tourismus (Departament Kultury Fizycznej, Sportu i Turystyki), TrauguttaStraße 25, 90-113 Łodz, Telefon +48 42/2 91 98-00, E-Mail: wsiodle@ lodzkie.pl, Internet: www.wsiodle. lodzkie.pl. Freizeittipps: Entspannung finden müde Reiter in der Therme von Uniejow. Infos unter www.termyuniejow.pl. Als Kontrastprogramm bietet sich ein Besuch in der Bezirkshauptstadt Lodz an. Infos beim Touristinformationszentrum, Tel. +48 42/6 63 77 33, Internet (auch auf Deutsch): www.lodzkie.travel. Übernachtungsmöglichkeiten: Der Mühlenhof in Uniejow ist ursprünglich und gemütlich. Gäste schlafen in Mehrbettzimmern mit Etagenbad, finden aber Gastgeber, die sich mit Herzblut um ihr Wohl kümmern. Die Übernachtung kostet pro Person inklusive Frühstück und eine Stunde Eintritt in die Therme zwischen 40 und gut 60 Euro. Informationen unter www.termyuniejow.pl/wokol-term/ zagroda-mlynarska. Eleganter, aber unpersönlicher logieren Reisende im neuen Hotel Lawendowe Termy (Lavendeltherme) nur einen Steinwurf vom Mühlenhof entfernt. Die Übernachtung im Doppelzimmer gibt es ab etwa 95 Euro. Infos im Internet unter www.lawendowetermy.pl. (bal)